Göttingen – Viel mehr als geballte Gelehrsamkeit

Im neuen Forum WissenIm neuen Forum Wissen

Habt ihr auch schon das Schild am Bahnhof in Göttingen gesehen: „Göttingen – Stadt, die Wissen schafft“? Schon oft bin ich durch den Bahnhof Göttingen gefahren, auf dem Weg von Frankfurt in Richtung Hamburg oder umgekehrt, aber ich habe nie meine Reise unterbrochen, um einmal zu schauen, was es mit diesem Schild genau auf sich hat. Jetzt endlich war die Gelegenheit da, denn der Verband der niedersächsischen Städte aboutcities hatte zu einem Instameet geladen.

Am Bahnhof

Am Bahnhof

Kaum habe ich den Bahnhof verlassen, schon muss ich staunen: Fahrräder soweit das Auge reicht! Ich hatte natürlich nachgeschaut, wie viele Einwohner Göttingen hat, nämlich rund 134.000, und davon sind 30.000 Studierende. Und denen stehen in Göttingen breite Radwege und Fahrradparkhäuser zur Verfügung, von denen Radler in anderen Städten nur träumen können.

Ich nehme den Weg über die Goethestraße in die Stadt. Goethe wohnte hier einst nur fünf Wochen, und gleich wurde die Straße nach ihm benannt. Die Brüder Grimm waren länger da, auf der anderen Straßenseite, bekamen aber nur eine Plakette am Wohnhaus.

Göttingen gefällt mir auf Anhieb. Erste Fachwerkhäuser sind zu sehen, auch prächtige Jugendstilbauten und ein kleiner Wasserlauf. Die Straßen sind belebt in der Altstadt, denn es ist Markttag.

Die meistgeküsste Frau der Stadt: das Gänseliesel

Vielleicht ist das ja der beliebteste Treffpunkt in Göttingen, zumindest ist er auch für ortsunkundige Besucher leicht zu finden: das Gänseliesel auf dem Marktbrunnen, vor dem alten Rathaus.

Das Gänseliesel - Wahrzeichen Göttingens

Das Gänseliesel – Wahrzeichen Göttingens

Seit 1901 steht das Gänseliesel hier auf dem Platz. Die zierliche Figur ist zum Wahrzeichen Göttingens geworden, auch wenn seit 1968 nur noch eine Kopie auf dem Platz steht. Das Original ist im städtischen Museum zu sehen. Das Gänseliesel ist vermutlich die meistgeküsste und auch meistfotografierte Frau der Stadt. Ihr einen Kuss zu geben, das war ursprünglich der Initiationsritus für alle Studienanfänger und Studienanfängerinnen. Doch es wurde zu viel geschmatzt und ergo ein Kussverbot verhangen. Heute erklimmt jeder frisch Promovierte den Marktbrunnen und bedankt sich bei Liesel mit einem Kuss und einem Blumenstrauß. Ein schönes Ritual!

Der Marktbrunnen vor dem Alten Rathaus

Der Marktbrunnen vor dem Alten Rathaus

Das Alte Rathaus

Das Alte Rathaus von Göttingen ist ein echter Hingucker. Deutlich erkennbar sind die zwei Bauteile aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Der linke Teil, direkt hinter Liesel, ist um das Jahr 1270 entstanden, während der rechte, höher gebaute Teil aus dem 15. Jahrhundert stammt. Göttingen war durch die Hanse reich geworden.

Am Alten Rathaus Göttingen

Am Alten Rathaus Göttingen

Das Innere des Rathauses ist äußerst repräsentativ. Die große Halle verfügt über eine mit Balken verstärkte Decke. An den Wänden kann man historisierende Malereien von Hermann Schaper entdecken. Die Vergangenheit der Stadt wird hier lebendig. Zu sehen sind die Wappen der Hansestädte und Szenen aus der Stadtgeschichte.

Üppiger Deckenschmuck

Üppiger Deckenschmuck

Ein Wandbild zeigt den dürren Stadtkämmerer und einen wohl genährten Steuerzahler. Ob man damit die Steuermoral der Bürger stärken wollte?

Magerer Stadtkämmerer vs. wohlgenährter Bürger

Magerer Stadtkämmerer vs. wohlgenährter Bürger

Es finden sich Darstellungen der verschiedenen Stände – allerdings überwiegend nur Männer. Frauen waren im öffentlichen Leben nicht sichtbar – außer als trauernde Witwen.

 

Der Musiker und Liedermacher ist zugleich auch der Postbote – und er weist den Weg zur guten Stube Göttingens, der Ratsstube.

Hier geht´s zur Ratskammer

Hier geht´s zur Ratskammer

Der prachtvollste Raum des Rathauses ist die Dorntze, die Ratsstube. Der Raum ist dunkel gehalten, mit dunklen Möbeln und viel Holz an den Wänden. Umso prächtiger leuchten die Buntglasfenster. Heute dient die Ratsstube als Trauzimmer.

Die Dorntze

Die Dorntze

 

Eine Besonderheit hat der Raum: hier gibt es eine vollständig erhaltene gotische Heizanlage, zu erkennen an den mit Gussdeckeln verschlossenen Löchern im Fußboden. Davon gibt es genau 12 Stück – einen für jeden Ratsherren.

Heizung für die Ratsherren

Heizung für die Ratsherren

 

Wer einen Blick von oben auf den Marktplatz genießen will, der kann zur Blutkammer hinaufsteigen. Man sollte jedoch einigermaßen schlank sein und sich auch in völliger Dunkelheit auf der Wendeltreppe bewegen können. Umgehängte Taschen und Fotoapparate sind dabei der Beweglichkeit nicht unbedingt dienlich – das habe ich getestet. Aber der Blick lohnt!

Der Blick aus der Blutkammer

Der Blick aus der Blutkammer

Wir verlassen das Rathaus und gehen zur Rückseite des Gebäudes. Wer hier eine Treppe hinab steigt, der kann einen Blick in das Gefängnis des Rathauses werfen. Ein äußerst karger Raum, mit einigen Graffiti an den Wänden. Manche Delinquenten haben sich hier verewigt.

 

Ursprünglich diente der Raum jedoch als Heizungskeller. Es gibt recht viel Platz, denn hier wurde Heizmaterial gelagert. Das Gewölbe funktioniert wie ein Backofen: man erhitzte Steine, die die Wärme lange speichern konnten. Die warme Luft wurde dann über 12 Rohre zu den Ratsherren geleitet. Man kann sich gut vorstellen, dass die Arbeit hier ein echter Knochenjob war: nach dem Anheizen musste die Steine gesäubert und der Ofen vollständig geleert werden.

 

Zurück auf dem Marktplatz. Recht unscheinbar, am Rande des Marktplatzes und vor dem Eingang eines Optikergeschäftes, ist eine Platte in den Boden eingelassen. Wer genau hier – auf dem Vierkirchenblick – steht, der kann mit einer Drehung um die eigene Achse gleich vier Kirchen sehen.

Leicht zu übersehen: Der Vierkirchenblick

Leicht zu übersehen: Der Vierkirchenblick

Wir überqueren den Marktplatz und gehen in Richtung Paulinerstraße. Wenn man hier zu schnell unterwegs ist, dann kann man schnell eine kleine Statue übersehen, die unscheinbar neben dem Werbeaufsteller für ein Eiscafé steht: die Bronzeskulptur ist nur 1,50 Meter hoch, aber 150 kg schwer. Sie zeigt den Physiker, Mathematiker, Astronomen und Denker der Aufklärung Georg Christoph Lichtenberg. Er lebte und lehrte lange Jahre in Göttingen. Sein Forschungsinteresse galt der Chaostheorie, und er bewies die Bipolarität von Elektrizität – genau dies ist hier zu sehen.

 

Übrigens: Die Skulptur ist ein Werk des albanischen Künstlers Fuat Dushku, der für sein Werk einfach die Büsten alter Ostblock-Diktatoren einschmolz: Enver Hodscha, Lenin und Stalin. Recycling der anderen Art.

An der Paulinerkirche

Wir laufen die Paulinerstraße entlang und unternehmen eine Zeitreise durch das Fachwerk verschiedener Jahrhunderte.

Mit Fachwerk durch die Jahrhunderte

Mit Fachwerk durch die Jahrhunderte

Hier finden sich Fachwerkhäuser aus der Zeit der Gotik, um das Jahr 1490. Sie sind zu erkennen an den mächtigen Stützbalken, die bis in den zweiten Stock reichen. Die Malereien hingegen stammen aus der Zeit der Renaissance.

St. Peter und Paul - früher Teil der Universitätsbibliothek

St. Peter und Paul – früher Teil der Universitätsbibliothek

Am Ende der Paulinerstraße blickt man auf Fachwerkhäuser des Barock, rund 200 Jahre später entstanden. Typisch hier die Querbalken.

 

Ich wende mich um und schaue zurück auf die St. Johannis-Kirche mit ihren ungleichen Türmen. Die beiden achteckigen Türme der Kirche sind ein Wahrzeichen der Stadt. Der niedrigere Südturm zeigt die Zeit an und trägt die Glocken, während der höhere Nordturm als Wachturm diente. Die Aufgabe des Wachmanns: auf den Ausbruch von Feuer zu achten, denn das hätte das viele Fachwerk rasend schnell zerstört. In späteren Jahren wurde hier übrigens eine Studentenbude eingerichtet.

Fachwerk vor St. Johannis

Fachwerk vor St. Johannis

Die Klosterkirche St. Peter und Paul, heute Paulinerkirche genannt, ist eine gotische Hallenkirche, die im Jahr 1331 geweiht wurde. Sie war Teil des Dominikanerklosters und wurde rund 400 Jahre später als Universitätskirche genutzt und später als Teil der Universitätsbibliothek.

Heute begrenzt sie einen kleinen Platz, der von Universitätsgebäuden umstanden ist. Hier sehen wir eine weitere Statue des Herrn Lichtenberg, vor ihm ein aufgeschlagenes Buch, in dem man einen der Aphorismen lesen kann, für die er so berühmt war.

Georg Christoph Lichtenberg, Physiker und Philosoph

Georg Christoph Lichtenberg, Physiker und Philosoph

Einige Schritte entfernt steht ein rätselhaft aussehender Kubus. Dabei handelt es sich um eine Skulptur, die an den Gauß-Weber-Telegraphen von 1833 erinnert. In diesem Jahr fand in Göttingen die erste elektromagnetische Telekommunikation statt. Lauter kluge Köpfe in Göttingen! Mir wird langsam klar, wie es zu dem kleinen Schild am Bahnhof gekommen ist.

Essen muss der Mensch: im Kartoffelhaus

Es wird Zeit für eine kleine Rast und wir suchen uns einen schattigen Platz im Innenhof des Kartoffelhauses auf der Goethestraße. Ich bestelle das Gericht, worunter ich mir so gar nichts vorstellen kann: einen Kartoffelburger. Des Rätsels Lösung: serviert wird ein Rinderhacksteak zwischen zwei Reibekuchen. Richtige Rievkooche, so wie ich sie aus Köln kenne und liebe, und gerade nicht die dünnen Kartoffelpuffer, die in Frankfurt auf den Teller kommen. Nicht unbedingt eine leichte Sommerküche, aber auf jeden Fall lecker und sehr originell!

Geschmackserlebnis Kartoffelburger

Geschmackserlebnis Kartoffelburger

Ganz neu: Forum Wissen

Göttingen gilt als die Stadt der Nobelpreisträger und die Stadt, die Wissen schafft. Um den Dialog von Wissenschaft und Gesellschaft anzukurbeln, steht nun das funkelnagelneue ´Forum Wissen´ für Besucher offen. Am 15. Juni 2022 fand nach zehnjähriger Planungs- und Bauzeit die feierliche Eröffnung statt. Auf satten 1.400 Quadratmetern Ausstellungsfläche können Besucher ihren Wissenshunger stillen sowie  Entdeckerlust und Neugierde austoben. Alles dreht sich um die Frage, wie Wissen entsteht. Zum Thema werden dabei historische Debatten ebenso wie jüngste Innovationen.

Ganz neu im Juni 2022

Ganz neu im Juni 2022

Forum Wissen - imposante Fassade

Forum Wissen – imposante Fassade

 

Im Erdgeschoss leiten den Besucher drei Prologräume auf das Thema des ´Wissens schaffen´ hin. Köpfe der Wissenschaften betonen die Bedeutung von Perspektiven, Standpunkten und Sichtweisen. Die Büste zeigt Dorothea Schlözer, die erste Frau, die 1787 an der Universität Göttingen promovierte. Eine Filmcollage führt in den Bereich der Praktiken ein. Hier geht es um die Choreographie alltäglicher Verrichtungen und Handgriffe, allesamt gefilmt an der Universität Göttingen im Jahr 2021 / 2022. Der dritte Bereich der Verknüpfungen schließlich verortet Göttingen bzw. ausgestellte Exponate in den globalen Kontext und macht die Mobilität von Menschen und Dingen zum Gegenstand.

Perspektiven: Köpfe der Wissenschaft

Perspektiven: Köpfe der Wissenschaft

 

Durch das prächtig gestaltete Treppenhaus geht es weiter in den ersten Stock und zu 12 ´Räumen des Wissens´. Der Raum ´Museum´ etwa stellt die traditionelle Form der Wissenskommunikation vor – Forschen, Bewahren, Sammeln, Präsentieren und Vermitteln. Die Geschichte der Göttinger Universitätsmuseen lässt grüßen. Die Objekte, die im Forum Wissen zu sehen sind, stammen aus 70 akademischen Sammlungen der Universität Göttingen – was für ein Reichtum! Fast wichtiger als das Gezeigte sind in diesem Raum die Leerstellen. Jede Sammlung, jede Präsentation kann nur lückenhaft sein, aber nie die gesamte Vielfalt abbilden.

Im Raum ´Museum´ - Leerstellen

Im Raum ´Museum´ – Leerstellen

Im Raum ´Schränke´ geht es um das Thema des Ordnens bzw. um die Unmöglichkeit, Menschen, Tiere und Pflanzen in eine feste Ordnung zu bringen.

 

Das Labor ist der Raum für akribische Detailforschung, während am Schreibtisch transkribiert, korrigiert, veröffentlicht und kommentiert wird.

 

 

In der ´Werkstatt´ steht eher der handwerkliche Aspekt wissenschaftlicher Arbeit im Vordergrund, um die Restaurierung, Reinigung und Konservierung der Exponate, während es im ´Atelier´ um die Visualisierung von Erkenntnis geht – von der historischen Zeichnung über mikroskopische Fotografie bis hin zu mit Hilfe von Computern erzeugten Datenbildern.

In der ´Werkstatt´

In der ´Werkstatt´

 

Nicht jedes wissenschaftliche Arbeiten ist von Erfolg gekrönt. Auch das Scheitern und der Irrtum sind möglich – dafür steht symbolisch der Raum ´Holzweg´.

 

Im ´Salon´ werden wissenschaftliche Debatten geführt und Besucher können, indem sie in einem der Bubble Chairs Platz nehmen, aktuelle Wissenschaftsdiskussionen verfolgen. Ein begehbares Hörspiel mit Licht- und Soundeffekten sowie Stimmen der eigenen Bubble und Streitgesprächen aus dem Raum als komplexes Gefüge. An den Wänden des Salons werden historische Debatten und Streitfälle vorgestellt – von Tierversuchen bis hin zur Atomenergie.

Ein begehbares Hörspiel

Ein begehbares Hörspiel

 

Daneben gibt es die Räume, die jeder Studierende aus dem Universitätsbetrieb kennt – ´Hörsäle´ zum Beispiel. Ich quetsche mich in eine Bank des Miniatur-Hörsaals und erlebe eine Dozentin bei ihren großen Auftritt – ich fühle mich durch ihre Gestik und Mimik, durch die ganz spezielle Rhetorik an meine eigene Studienzeit erinnert.

Ganz wichtig im gesamten Forum Wissen sind übrigens die Leerstellen. Der Raum für Zukünftiges und für eigene Gedanken.

Freifläche

Freifläche

Für mich vielleicht der schönste Bereich der Ausstellung ist der Bücherturm, erbaut aus 2021 richtigen Büchern. Die Bücher, die in der ´Bibliothek´ zu sehen sind, sind Spenden der Göttinger Bürger und Bürgerinnen. Ganz ehrlich, mir würde die Idee, eins oder mehrere meiner Bücher in einem Museum sehen zu können, auch sehr gut gefallen.

Das Wissen der Welt

Das Wissen der Welt

Ein Platz im Buchrund

Ein Platz im Buchrund

Das ´Forum Wissen´ ist ein unglaublich spannendes Museum, das eine Vielzahl von Denkanstößen geben kann. Besucher können auch gerne wiederkommen, denn der Eintritt ist frei. Zur Vorbereitung des nächsten Ausstellungsbesuchs und zur Vertiefung des Gesehenen kann man sich die ForumWissen-App herunterladen.

 

Unsere Zeit im ´Forum Wissen´ ist leider schon vorbei und der nächste Programmpunkt wartet. Wir machen uns auf den Weg, laufen im Schatten der Bäume über den Alleenring und kommen am Platz der früheren Synagoge vorbei. Hier erinnert ein beeindruckendes Denkmal an die dunklen Jahre Deutschlands. Göttingen war eine braune Stadt, in der die Nazis großen Zulauf hatten, und musste viele Tote – vor allem auch unter den Zwangsarbeitern – hinnehmen.

Der Platz der früheren Synagoge

Der Platz der früheren Synagoge

Blick nach oben

Blick nach oben

Im Umfeld merkt man, dass die Göttinger und Göttingerinnen heute durchaus nicht mehr alles unwidersprochen hinnehmen, was die Obrigkeit ihnen vorgibt.

Die Junkernschänke

Wir kommen an einem prachtvollen Fachwerkhaus vorbei. Das Gebäude stammt aus der Renaissance, vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Dies ist die Junkerschänke, deren Fassade wunderschöne Schnitzereien und Erker zieren.

Zurück an die Uni

Die Universität in Göttingen hat auch einige moderne Gebäude mit mittelprächtiger Architektur aufzuweisen, aber dann kommen wir an einen kleinen Platz, der unglaublich viel Charme ausstrahlt. Der Wilhelmplatz ist eine gepflegte kleine Grünanlage, angelegt rund um das Denkmal von Wilhelm IV. Grüppchenweise sitzen Studierende zusammen und diskutieren sicherlich nicht unbedingt nur die aktuellen wissenschaftlichen Streitfragen.

Ein wahrlich prachtvolles Uni-Gebäude

Ein wahrlich prachtvolles Uni-Gebäude

Die Georg-August-Universität ist die älteste Universität Niedersachsens, 1732 / 1734 gegründet, und nach Hannover die zweitgrößte des Landes. An der Längsseite des Platzes betreten wir das repräsentative Universitätsgebäude, in dessen erstem Stockwerk uns die imposante Aula im klassizistischen Stil erwartet. Wow! Die heiligen Hallen der Universität Göttingen – an der Stirnseite all jene Männer, die die Geschicke der Universität prägten.

Diese Aula hat Stil!

Diese Aula hat Stil!

Volle Aufmerksamkeit!

Volle Aufmerksamkeit!

Blick zurück

Blick zurück

Im Vorraum der Aula erinnern zwei Gedenktafeln an die hellen und dunklen Momente der Geschichte der Göttinger Universität.

Die Göttinger Sieben stehen für Zivilcourage. Eine Gruppe von sieben Professoren protestiere 1837 gegen die Aufhebung der durch Ernst August I eingeführten liberalen Verfassung im Königreich Hannover. Zu den Beteiligten gehörten auch Jakob und Wilhelm Grimm. Die sieben Professoren wurden allesamt entlassen und drei von ihnen sogar des Landes verwiesen.

Auf der anderen Seite schrieben während der Nazizeit 42 Professoren an den Dekan, um ihrer Bitte Ausdruck zu verleihen, die Arisierung voranzutreiben. Lehrende auf dem Holzweg.

 

Mir fällt das berühmte Chanson von Barbara ein, das jeder Franzose kennt – ´Göttingen´. Barbara, die wegen ihrer eigenen Lebensgeschichte und Flucht vor den Nazis nie nach Deutschland kommen wollte, komponierte es 1964 während eines Konzertaufenthalts in Göttingen. Der damalige Direktor des Jungen Theaters war hartnäckig geblieben, und Barbara wurde vom warmherzigen Empfang in Göttingen überrascht. Sie nahm das Chanson in einer deutschen und einer französischen Fassung auf – ein wichtiger Beitrag zur Völkerverständigung und Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Bien sûr, ce n’est pas la Seine,
Ce nʼest pas le bois de Vincennes,
Mais cʼest bien joli tout de même,
A Göttingen, à Göttingen.
Pas de quais et pas de rengaines
Qui se lamentent et qui se traînent,
Mais l’amour y fleurit quand même,
A Göttingen, à Göttingen.

 

Wir unternehmen noch einen Abstecher in den Karzer, das historische Universitätsgefängnis.  Die Wände der einzelnen Zellen sind über und über mit Kritzeleien und Zeichnungen der studentischen Übeltäter bedeckt.

Komfortable Herberge

Komfortable Herberge

Der Karzer, das historische Universitätsgefängnis

Der Karzer, das historische Universitätsgefängnis

Auch Otto von Bismarck, der während drei Semestern an der Universität in Göttingen eingeschrieben war, musste insgesamt 18 Tage hier einsitzen. Er hat wohl mehr gelebt als fleißig zu studieren…

Im Karzer ging es recht bunt zu

Im Karzer ging es recht bunt zu

Kunst im Karzer

Kunst im Karzer

Stadtbekannt ist auch die Göttinger Bierrevolution von 1881. Damals hatte Bürgermeister Merkel eine Sperrstunde eingeführt, was zu Krawallen in der Stadt führte. Heute gibt es noch 40 studentische Verbindungen in Göttingen, von denen nur vier rechtsgerichtet sind.

Hier wird wohl über den Lehrkörper gelästert...

Hier wird wohl über den Lehrkörper gelästert…

Chillen auf dem Wilhelmsplatz

Für uns geht ein langer, intensiver Tag voller unterschiedlichster Eindrücke zu Ende. Wir holen uns ein Kaltgetränk am Büdchen und setzten uns um eine Bank auf dem lauschigen Wilhelmsplatz zusammen, um den Tag ausklingen zu lassen…

Der Wilhelmsplatz und sein Namensgeber

Der Wilhelmsplatz und sein Namensgeber

Offenlegung

Ich habe auf Einladung von Göttingen Tourismus am Instawalk durch die Universitätsstadt teilgenommen. Wir durften ein prall gefülltes Tagesprogramm mit ganz unterschiedlichen Entdeckungen erleben und wurden dabei bestens betreut und versorgt. Ich danke unserem Guide Markus Koch für die Fülle an Informationen und Florian Heinz und seinem Team für das überaus spannende Programm.

Göttingen ist Teil des Verbandes der niedersächsischen Städte About Cities. In seiner Arbeit zeigt dieser Verband immer wieder auf´s Neue, wie sehenswert gerade die Städte sind, die man vielleicht nicht auf den ersten Blick als touristische Hotsports identifiziert. So durfte ich schon Wolfenbüttel und Celle kennenlernen; über Wilhelmshaven und Bremerhaven habe ich schon geschrieben. Der Instawalk in Göttingen war teil einer groß angelegten Aktion, denn über einen Zeitraum von 8 Tagen wurden insgesamt 13 Walks angeboten. Ich hatte die Qual der Wahl, den eins der Vorprogramme klang spannender als das andere. Fotofans konnten Wolfsburg, Gifhorn, Oldenburg, Stade, Hannover, Osnabrück, Hildesheim, Papenburg, Einbeck und Braunschweig mit der Kamera oder dem Smartphone entdecken. Die Impressionen könnt ihr unter dem Hashtag #acinstameet2022 in den sozialen Netzwerken finden.

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