Lavendel und Co. im Tal der Drôme

Traumhafte LandschaftenTraumhafte Landschaften

Ich muss euch vorwarnen: Dieser Artikel wird erschreckend einseitig, vielleicht sogar langweilig! Es geht eigentlich nur um die Farbe Lila. Lila in allen Schattierungen, aus der Nähe und aus größerer Entfernung betrachtet. Ich hätte nie gedacht, dass mich der Anblick blühender Lavendelfelder so in den Bann ziehen kann. Im Tal der Drôme ist es um mich geschehen.

Das Tal der Drôme ist ein ganz besonderes Fleckchen Erde, denn hier trifft das Klima des Mittelmeerraums auf das der Bergwelten. Das Ergebnis ist ein unglaublicher botanischer Reichtum, der über die typischen Pflanzen der Alpenregionen – Wacholder, Arnika und Waldkiefer – hin zu typischen Gewächsen des Mittelmeerraums wie Lavendel, Strohblume oder Thymian führt.

Wir sind mit dem Auto unterwegs und fahren an ganz verschiedenen Feldern vorbei, ganz unterschiedliche Düfte dringen ins Wageninnere. Mal ist es ein intensiver Knoblauchduft, dann ein Feld mit Sonnenblumen, das uns auffällt. Schließlich wird der Geruch von Lavendel immer intensiver.

Distillerie des 4 Vallées

Unser Ziel ist die Distillerie des 4 Vallées, im kleinen Dörfchen Chamaloc und inmitten des Regionalen Naturparks Vercors gelegen. Der Geruch haut mich schlicht um, als wir auf dem Parkplatz anhalten und die Autotür öffnen. Cécile und Alain Aubanel betreiben die Destillerie heute in der dritten Generation.

Damit wir wissen, worum es beim Thema Lavendel eigentlich geht, fahren wir noch einige Hundert Meter weiter, zu den Lavendelfeldern der Familie. Wir betreiben zunächst ein wenig Feldforschung, denn Lavendel ist nicht gleich Lavendel.

Wir lernen, dass es Echten Lavendel gibt – Lavendula angustifolia, mit kleinen Blüten und ährigem Blütenstand. Er wächst in Höhenlagen zwischen 600 und 2.000 Metern. Das ätherische Öl dieses Lavendels ist bei den Parfümeuren der Welt heiß begehrt, und der Ertrag ist niedrig. Echter Lavendel blüht zwischen Mitte Juli und Mitte August.

Echter Lavendel

Echter Lavendel

Daneben gibt es Breitblättrigen Lavendel – Lavendula latifolia, zu erkennen an seinen großen Blättern und langen Blütenstielen. Dieser Lavendel kommt in Frankreich eher selten vor, öfters in Spanien, und nur unterhalb von 800 Metern.

Der Kopf hinter der Distillerie des 4 Vallées

Der Kopf hinter der Distillerie des 4 Vallées

Lavandin ist eine Kreuzung von Echtem Lavendel und Breitblättrigem Lavendel. Er wächst kugelförmig und blüht zwischen Mitte Juni und Mitte Juli. Sein Anbau ist deutlich ertragreicher als der von Echtem Lavendel.

 

Die Zahlen rund um die Produktion von Lavendel und Lavandin sind beeindruckend. Es gibt rund 2.200 Produzenten in Frankreich, wobei sich 95 % auf die drei Départements Alpes de Haute Provence, Vaucluse und eben die Drôme konzentrieren. 19.000 Hektar sind dabei mit Lavandin bepflanzt und 3.500 Hektar mit Echtem Lavendel. Die französischen Produktion macht ein Viertel der Weltproduktion aus. Mich faszinieren die im leichten Wind wogenden Felder, der zarte Duft und auch die bunten Schmetterlinge, die über dem Lavendel umherflattern.

Die Distillerie des 4 Vallées bewirtschaftet 30 Hektar Fläche und hat neben dem Lavendel noch andere Standbeine: die Eigentümer machen Heu, pflanzen Getreide an und züchten Vieh. Sie zeigen und erklären gerne den Anbau von Lavendel. In den Sommermonaten Juli und August kann man auch an Destillier-Workshops teilnehmen.

Ein Shop in Lila

Ein Shop in Lila

Wir sind Ende Juni im Tal der Drôme unterwegs. Es war sehr lange sehr trocken und sehr bald wird die Ernte des Lavendels beginnen. Die Pflanzen trocknen dann einige Tage, um den Wassergehalt zu reduzieren. Das ätherische Öl wird dann durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Die Blüten und Stängel werden dazu ins Destilliergefäß eingebracht, das Gerät wird erhitzt und dem Lavendel sein ätherisches Öl in Form von Dampf entzogen. Der Dampf bringt die Blüten quasi zur Explosion. Das entstehende Gasgemisch durchläuft einen Schwanenhals und kondensiert durch Kühlung. Das entstehende Produkt wird dekantiert: das ätherische Öl ist leichter und schwimmt auf dem Destillationswasser.

 

Etwas für´s Auge

Etwas für´s Auge

 

Im Geschäft wird uns erst richtig klar, um welch vielfältiges Produkt es sich beim Lavendel handelt. Zunächst ist der Lavendel ein Gesundheitsprodukt mit antiseptischer und entzündungshemmender Wirkung, dann aber auch ein Wellnessprodukt, dessen wohltuende Effekte in der Kosmetik genutzt werden. Auch die feine Küche kommt ohne Lavendel nicht aus. Es gibt Schokolade und Honig auf Lavendelbasis. Traumhaft!

Le Balcon de la Roanne

Der Lavendelduft hat mir die Sinne betäubt. Es wird Zeit für eine kleine Pause, auch um die vielen Eindrücke sacken zu lassen. Wir landen im Dörfchen Saint-Benoit-en-Diois – ein schnuckeliger Ort! Hier ist gar nicht viel los, viele Fensterläden sind geschlossen. Wir laufen die wenigen Schritte zur Dorfkirche hinauf und genießen den Blick über das Tal der Roanne.

Die Dorfkirche in Saint-Benoit-en-Diois

Die Dorfkirche in Saint-Benoit-en-Diois

 

Es gibt nur einen Ort im Dorf, wo erkennbar viel los ist: ein kleines, eher unscheinbar aussehendes Lokal, ´Le Balcon de la Roanne´. Niemals würde ich in einem Ort dieser Größe gute Küche erwarten. Aber am Nebentisch sitzen einige Handwerker und genießen sichtlich gut gelaunt ihr Menü. Ein gutes Zeichen. Und der Blick auf die Karte verspricht kreative Küche mit regionalen Produkten. Ich entscheide mich für einen Burger mit Picodon-Käse – köstlich! Und zum Dessert gibt es Lavendeleis….

Köstlicher Burger mit Picodon, im ´Balcon de la Roanne´

Köstlicher Burger mit Picodon, im ´Balcon de la Roanne´

 

Als wir uns mit einem Espresso stärken, tritt der Bürgermeister des Ortes an unseren Tisch. Man kennt sich im Tal der Drôme, und er freut sich sichtlich über unser Kommen.

Caves Raspail

Caves Raspail

Clairette & Crémant de Die – Cave Raspail

Es gibt neben dem Lavendel noch ein weiteres Produkt, das ganz typisch ist für das Tal der Drôme: Clairette de Die. Bereits an meinem ersten Abend hatte ich davon gekostet, als wir auf einer Terrasse in Crest saßen und den Klängen der Fête de la Musique lauschten. Jetzt suchen wir einen Produzenten auf, nämlich die Cave Raspail Jean-Claude & Fils in Saillans.

 

Der Weinbau ist seit der Römerzeit im Tal der Drôme zuhause. Die Reben wachsen auf fast 700 Metern über dem Meeresspiegel und damit an einigen der höchsten Hänge Frankreichs. Clairette de Die hat seit 1910 seine Bezeichnung und seit 1942 das AOC-Label für eine geschützte Herkunftsbezeichnung. 300 Mitglieder hat das Syndikat der Clairette-Produzenten, die insgesamt rund 1.700 Hektar Fläche bearbeiten.

 

Wir schauen uns die Cave Raspail an, ein Familienunternehmen, das in vierter Generation geführt wird. Angefangen hat die Geschichte 1942, als Henriette und Marius – eigentlich Betreiber des Dorfcafés – einen kleinen Weinberg erwarben. Gemeinsam mit ihrem Sohn Flavien machen sie sich daran, einen AOC Clairette de Die herzustellen, wobei sie ein ganz besonderes Ökosystem aus Weinreben, Lavendel und Nussbäumen nutzen.

1985 entwickeln Francoise und Jean-Claude den Verkaufsraum und erweitern die Rebfläche auf 12 Hektar. Erste Auszeichnungen für die Weine folgen. Seit 1997 gibt Sohn Frédéric der Domaine neuen Schwung. Er stellt auf Bioproduktion um und nutzt all sein Wissen, das er während seiner Ausbildung in der Champagne erworben hat, um die bestmögliche Qualität der Weine zu erreichen. An die Champagne fühle ich mich tatsächlich erinnert, als ich die Rüttelpulte im Weinkeller sehe. Frédérics Frau Anouck kümmert sich vorrangig um den Vertrieb. Sie erzählt uns, dass 70 % der Produktion tatsächlich über den Laden verkauft werden.

 

Schon holt Anouck die erste Flasche aus der Kühlung. Wir müssen natürlich probieren. Los geht es mit Clairette de Die Tradition, die zu 75 % aus Muscat-Trauben und zu 25 % aus Clairette Blanche besteht. Die Trauben gibt es auch in anderen Regionen Frankreichs, den Wein allerdings nur hier in der Drôme. Hergestellt wird der Wein nach traditioneller Methode. Die Trauben werden gepresst und der Most bei niedriger Temperatur vergoren. Der halb fermentierte Wein wird auf Flaschen gezogen und gärt dort mit dem natürlichen Zucker der Trauben weiter, so dass ein leicht moussierender Wein mit einer angenehmen Süße entsteht. Das Depot, das sich in der Flasche absetzt, wird durch die ständige Drehung im Rüttelpult im Flaschenhals gesammelt und dann durch Degorgieren entfernt. Der zweite Wein, den wir probieren dürfen, ist der Clairette de Die Grande Tradition, der zu 100 % aus Muscat-Trauben besteht. Er eignet sich hervorragend als Apértif, zum Dessert oder auch zur Foie Gras.

Mein Favorit: die Cuvée Flavien

Mein Favorit: die Cuvée Flavien

Die Verkostung wird zur echten Herausforderung, denn auf uns warten drei Crémants. Hergestellt nach traditioneller Methode, vergärt der Most in Edelstahltanks oder Eichenholzfässern. Die zweite Fermentation findet in der Flasche statt und die Weine ruhen 24 bis 30 Monate vor dem Degorgieren. Mir hat es vor allem die nach dem Großvater benannte Cuvée angetan, der Crémant de Die Cuvée Flavien, der aus 65 % Clairette Blanche, 30 % Aligoté und 5 % Muscat besteht. Seine Reifungszeit in der Flasche ist mindestens doppelt so lange, wie die Regeln der Appellation es verlangen, und das fertige Produkt zeichnet sich durch unglaublich feine Aromen und eine große Komplexität aus. Ganz feine Perlen, die mit jedem Champagner mithalten können, zu einem absolut konkurrenzlos günstigen Preis. Empfohlen wird eine Lagerungszeit im Keller von bis zu fünf Jahren, aber so alt wird das Fläschchen, das ich mir mitgenommen habe, ganz bestimmt nicht.

Stippvisite in Saoû

Wir lassen den Tag in einem lilafarbenen Lichtschein ausklingen und fahren in das Dorf Saoû. Der Ort selbst wirkt wie aus der Zeit gefallen, und in der Umgebung leuchten die Lavendelfelder.

 

Besonders schön: hier gibt es weit und breit keine Influencer, sondern nur ganz wenige Menschen, die die Felder als landwirtschaftliche Fläche respektieren und sich bewundernd am Rand halten.

Offenlegung

Ich hatte das große Glück, eine kleine Gruppe deutscher Journalisten begleiten zu dürfen, für die der Tourismusverband des Vallée de la Drôme eine Pressereise organisiert hat. Die Tage, die uns Nicolas Adam, der Direktor des Büros, gemeinsam mit seinem kleinen Team organisiert hat, ließen uns zwar kaum einen Moment zum Verschnaufen, waren aber vollgepackt mit wunderbaren Erlebnissen und Entdeckungen. Ich habe das Tal der Drôme als eine Region erlebt, in der Gastfreundschaft ganz groß geschrieben und der Besucher wie ein Freund aufgenommen wird. Dafür danke ich von ganzem Herzen. Die beschriebenen Eindrücke sind meine eigenen.

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1 Kommentare

  1. Hallo,
    Und begeistert Lavendel und die Felder.
    Im Juli sind wir für 4 Tage in Nizza. Mal schauen ob wir es von dort zu Lavendelfelder schaffen.
    Lg
    Thomas

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