Gen Norden – Zwischen Teemuseum und Gartentraum

Ostfriesisches Teemuseum, NordenOstfriesisches Teemuseum, Norden

Norddeich Mole – dieses Zielschild der Deutschen Bahn weckt sofort Sehnsucht in mir, wenn ich es an einem Bahnhof erblicke. Allein die Vorstellung, in den Zug zu steigen, Hunderte von Kilometern quer durch Deutschland zu fahren und abends auf das Meer zu schauen… Norddeich ist das Nordseeheilbad direkt am niedersächsischen Wattenmeer; Norderney und Juist sind hier ganz nah – die Verheißung von Meeresbrise und Urlaubsfreuden. Unser Ziel heute ist jedoch Norden – die nordwestlichste Stadt auf dem deutschen Festland und zugleich die älteste Stadt Ostfrieslands.

Markttag in Norden

Was für ein hübscher und lebendiger Ort! Es ist ein Samstag und wir landen mitten auf dem Marktplatz. Norden ist ein kleines Städtchen mit nicht einmal 25.000 Einwohnern. Der Marktplatz jedoch ist riesig groß – sieben Hektar, wie ich später nachlese, und verfügt über einen Baumbestand, der zum Teil mehr als 250 Jahre alt ist.

Bürsten braucht der Mensch!

Bürsten braucht der Mensch!

 

Wir suchen uns einen Platz im Marktcafé, um uns zu akklimatisieren und das Markttreiben zu betrachten. Von wegen, die Ostfriesen sind mundfaul! Ein älteres Ehepaar setzt sich zu uns an den Tisch. In Hessen wäre das absolut undenkbar, aber uns gefällt es. Man wolle in Bewegung bleiben, und so sind die beiden mal eben 25 km geradelt, um auf dem Norder Markt Kartoffeln zu kaufen. Als unsere Kaffeetassen leer sind, sind wir um einige Tipps reicher, was man sich in Ostfriesland unbedingt ansehen müsse.

Das Café im Markpavillon

Das Café im Markpavillon

Auch die Architektur rund um den Marktplatz ist sehenswert. Alte Renaissancebauten wie die ´Drei Schwestern´, die im 16. Jahrhundert entstanden sind, oder auch das Haus des Apothekers Groenewald sind hier zu finden. Auch das Kommissariat der Norder Polizei ist nicht etwa ein moderner Zweckbau, sondern datiert aus dem Jahr 1610.

Ostfriesische Teeträume

Unser eigentliches Ziel liegt an der Westseite des Marktplatzes: im alten Rathaus sind heute das Heimatmuseum und das ostfriesische Teemuseum untergebracht. Schon das Bünting Teemuseum in Leer hatte uns begeistert, so dass wir neugierig waren auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Museen.

It´s tea time!

It´s tea time!

Das Teemuseum in Norden hat es sich zum Ziel gesetzt, Geschichte und Bedeutung des ostfriesischen Nationalgetränks nachzuzeichnen und eine Kulturgeschichte des Tees in Europa zu schreiben. Dazu werden die einzelnen Etappen der Produktion nachvollzogen, vom Anbau der Teeplanze und der Ernte über die Verarbeitung bis hin zum Handelsprodukt Tee.

Teekesselchen

Teekesselchen

 

Sehr ansprechend ist die alte Werbung für ostfriesischen Tee. Man muss nicht jedes Produkt neu erfinden – es gibt ja die Klassiker. Bünting ist das älteste private Teehandelshaus in Ostfriesland und seit mehr als 200 Jahren in Leer beheimatet. Thiele Tee wurde 1873 als Kolonialwarenhandel gegründet und bezeichnet sich als die beliebteste Marke Ostfriesland. Welchen Tee bevorzugt ihr? Um das herauszufinden, hilft nur eins: beide Marken im Museumsshop erwerben und auf zur Vergleichsprobe!

Die Welt in einer Tasse Tee

Die aktuelle Sonderausstellung widmet  sich den Teekulturen anderer Länder. „Die Welt in einer Tasse Tee – Teekulturen in Ostfriesland“ macht all die Bräuche rund um den Teegenuss sichtbar. In verschiedenen Ländern haben sich verschiedene Rituale rund um den Tee entwickelt. Und auch Ostfriesland hat ja seine ganz eigene Teekultur. Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, die heute in Ostfriesland leben, stellen ihre ganz eigenen Bräuche vor. Von der chinesichen Teekultur, Rooibostee in Südafrika hin zu marokkanischem Minztee – eine Weltreise in der Teetasse.

Nationalgetränk Minztee

Nationalgetränk Minztee

Teetied im Museum

Auch im Teemuseum in Norden kann man an einer ostfriesichen Teezeremonie und damit an einer gelebten Tradition teilnehmen. Einfach mal die Zeit anhalten…

Teetied!

Teetied!

Doornkaat & Co. – das Heimatmuseum

Eine große Abteilung des Museums widmet sich der Stadtgeschichte von Norden. Besonders gut gefallen hat mir der Bereich zum traditionellen Handwerk – zu den Berufen, die einen Zusammenhang mit dem Tee haben: Zinngießer, Gold- und Silberschmied, Porzellanmaler und Stövchenmacher.

Ostfriesisches Kunsthandwerk

Ostfriesisches Kunsthandwerk

Dieser Bereich des Musums ist recht eng und nur wenige Besucher finden hier Platz, aber die Räume sind vollgestopft mit den Geschichten großartiger Handwerker. Ideal, um sich in der Betrachtung zu verlieren!

 

Die jüngere Stadtgeschichte Nordens ist von einem Namen geprägt: Doornkaat – seinerzeits einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region. Heute ein fast vergessenes Produkt, oder?

Doornkaat - dreifach gebrannt

Doornkaat – dreifach gebrannt

1894 wurde der Name ´Doornkaat´ als Marke beim Patentamt angemeldet, denn der Hersteller erkannte als eines der ersten Unternehmen überhaupt die Werbewirksamkeit einer Marke. Um sich von anderen Bränden abzusetzen, vermarktete man das Produkt ab 1948 dann nicht mehr als Korn oder Genever, sondern unter dem Namen ´Doornkaat´ – mit charakteristischer Flasche, einem markanten Schriftzug und der Signalfarbe rot. Ich muss bei Gelegenheit mal schauen, ob man die Flasche heute noch im Supermarkt findet. Bis in die 1960er Jahre jedenfalls blieb das Traditionsprodukt unangefochten.

Norden, kurios

Norden, kurios

Der Rummel

Der Rummel bildet das Zentrum des alten Rathauses. Nein, hier seid ihr nicht auf der Kirmes – der Rummel ist der Versammlungsort, ein Ort, an dem viele Leute gleichzeitig sprechen. Das niederdeutsche Wort ist verwandt mit ´rumoren´ und ´Trommel´. Ursprünglich nahm der Rummel den gesamten ersten Stock des Rathauses ein. Er wurde jedoch geteilt, als sich der bauliche Zustand des Gebäudes verschlechterte.

Der Rummel im Rathaus

Der Rummel im Rathaus

Genutzt wurde der Rummel für Ratsversammlungen, Gerichtsverhandlungen und Festlichkeiten aller Art. Die heutige Einrichtung stammt aus dem 20. Jahrhundert und vermittelt einen Eindruck bürgerlicher Wohlkultur in Ostfriesland im 18. und 19. Jahrhundert. Heute tagt hier der Heimatverein und man kann sich hier trauen lassen.

 

Die Altstadt von Norden

Wir haben genügend Museumsluft geatmet, uns mit Tee eingedeckt und laufen noch eine Runde durch die Stadt. Der Ort ist klein und die Wege sind kurz bis hin zu den beiden Windmühlen, für die Norden bekannt ist: die Frisia Mühle und die Deichmühle. Ursprünglich gab es 14 Mühlen im Orte – davon sind heute noch drei übrig.

Mühlen in Norden

Mühlen in Norden

Zeit für einen Zwischenstopp in der Norder Kaffeemanufaktur. Der Duft nach frisch geröstetem Kaffee zieht uns magisch an!

Die Norder Kaffeemanufaktur

Die Norder Kaffeemanufaktur

Schlosspark Lütetsburg

Wenige Fahrminuten außerhalb von Norden wartet noch ein besonderes Highlight auf all jene, die nach dem Städtetrip ein ganz besonderes Naturerlebnis suchen. Ostfriesland ist ja nicht unbedingt reich an Wäldern, und der Schlosspark Lütetsburg bietet prachtvolle Alleen und eine zauberhafte Blütenpracht in einem frühromantischen Stil.

Landidyll - Schloß Lütetsburg

Landidyll – Schloß Lütetsburg

Der Bau des ursprünglichen Wasserschlosses zu Lütetsburg geht auf einen ostfrieschen Häuptling zurück, der sich im 14. Jahrhundert hier niederließ. Gut 200 Jahre später gelangte das Schloss durch Heirat in den Besitz derer zu Inn- und Knyphausen. Es folgte eine bewegte Geschichte voller Raub, Plünderungen und Verwüstungen, bevor dann ein Feuer das Schloss 1956 komplett zerstörte. Aufstehen, Krönchen richten und neu aufbauen – das dachten sich die adligen Schlossherren und ließen einen ebenso schlichten wie monumentalen Backsteinbau erreichen. Schade, aber auch verständlich, dass man das immer noch bewohnte Schloss nicht besichtigen darf.

Naturschönheiten in Niedersachsen

Naturschönheiten in Niedersachsen

Wunderbares Grün im Schloßpark Lütetsburg

Landidyll – Schloß Lütetsburg

Unglaublich, dass der Schlosspark nur 8 Kilometer von der Wattenmeerküste entfernt liegt – es ist eine andere Welt. Rund 30 Hektar ist der Park groß – der größte englische Landschaftsgarten in Norddeutschland und das Lebenswerk von Reichsfreiherr Edzart Mauritz zu Inn- und Knyphausen.

Naturschönheiten

Naturschönheiten

Auch sehr schön: man kann im Schloßpark Lütetsburg heiraten. Als wir uns das kleine Kapellchen, das mich ein klein wenig an ein Hobbithaus erinnert, anschauten, sind wir einem Ehepaar begegnet, das uns erzählte, dass es zu jedem Hochzeitstag erneut hierher kommt, um eine Kerze anzuzünden. Ein schönes Ritual, oder?

 

Auch eine Außenstelle des Standesamtes der Stadt Norden gibt es im Schloßpark.

 

Es muss sich nicht alles ums Heiraten drehen. Man kann auch ganz einfach die wunderbare Parkanlage genießen und stundenlang umherwandern. 1790 wurde der barocke Garten zu einem Landschaftsgarten im englischen Stil umgestaltet. Teiche und Wasserläufe wurden ausgehoben.

Wasserreichtum

Wasserreichtum

Dem Museumsshop solltet ihr unbedingt einen Besuch abstatten! Mich faszinieren in Ostfriesland ganz besonders die vielen regionalen Produkte. Ich habe mich mit feinsten Konfitüren eingedeckt – zum Beispiel Cassis Champagne und Erdbeeren mit Limetten. Köstlichkeiten, die mich den Urlaub verlängern lassen.

Mächtige Baumriesen

Mächtige Baumriesen

Wenn ihr mehr über den Schlosspark Lütetsburg wissen wollt, dann schaut euch die Website an! Ein Gartencafé gibt es natürlich auch, dazu einen Golfplatz und Lodges und Ferienwohnungen für Übernachtungsgäste.

Golfplatz am Schloß Lütetsburg

Golfplatz am Schloß Lütetsburg

Neugierig geworden?

Wenn ihr mehr wissen wollt über Ostfriesland und die Entdeckungen, die man im Norden Deutschlands machen kann, dann schaut doch einmal auf der Website des Tourismusverbandes Niedersachsen vorbei!

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