Dialog von Kunst und Natur: der Skulpturengarten Funnix

Kunst und Natur - im Skulpturengarten FunnixKunst und Natur - im Skulpturengarten Funnix

Manchmal stößt man ganz unvermutet auf Kunst, an Orten, an denen man es eigentlich nicht erwartet. Ich war auf dem Weg von Carolinensiel nach Emden, als mir am Straßenrand ein kleines Hinweisschild ins Auge fiel: Skulpturengarten. Nichts weiter – kein Künstlername, kein Hinweis auf Öffnungszeiten oder sonstige praktische Informationen. Ich war flott unterwegs und schon am Schild vorbei, aber der dürre Hinweis ließ mir keine Ruhe. Das Internet konnte helfen. Gefunden habe ich den Skulpturengarten Funnix.

 

Der Skulpturengarten Funnix ist ein kleines Paradies für Kunst- wie für Gartenfreunde, in der Gemeinde Wittmund gelegen und im Hinterland der ostfriesischen Küste.

Aufforderung zum Dialog

Aufforderung zum Dialog

Vom kleinen Parkplatz aus führt ein langer, schnurgrader Weg durch eine Folge von Gartenparzellen, die mit ersten Kunstwerken getupft sind. Wunderschön angelegt, mit vielen Gräsern, die sich im Wind wiegen, und späten Sommerblüten.

Über diese Brücke musst du gehen!

Über diese Brücke musst du gehen!

Der Garten ist das Werk von Leonard Wübbena. Habt ihr diesen Namen schon einmal gehört? Ich nicht, aber ich lerne ja gerne dazu. Wübbena ist einer der bedeutendsten Stahlplastiker und stellt seine Werke weltweit aus. Er ist echter Ostfriese, geboren in Funnix.

Angefangen hat Wübbena in den 1960er Jahren mit einer Lehre als Schriftsetzer, bevor er sich an der Fachhochschule Aachen für den Fachbereich Design einschrieb. Nach Tätigkeiten im grafischen Bereich entwickelte er sich weiter zum gestaltenden Werken, später dann zum Stahl- und Metallplastiker.

Große Werke reizen Wübbena ganz offensichtlich! Davon zeugt sein Skulpturengarten. Anfangs verarbeitet er noch Fundstücke und wertlosen Schrott zu Kunstwerken.

Später wurden dann Bronze, Eisen, Stahl und Chrom-Nickel-Stahl zu seinen bevorzugten Materialien. Die Formen sind oftmals Walzen, Rohre, Deckel und Halbkugeln. L´Art pour l´Art – die Form verselbständigt sich und es braucht keine inhaltliche Aussage mehr.

 

Beim Spaziergang durch den Skulpturengarten kann man sich Gedanken zur Kunst machen, muss aber nicht. Man kann einfach nur das üppige Grün genießen. Vor 15 Jahren legte Wübbena den Garten an, als er günstig eine Wiese in seinem Heimatort kaufen konnte. Er brauchte Platz, um seine Werke ausstellen zu können.

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Kleiner Nebeneffekt, der den Buchhalter im Künstler interessiert: Bei einem Verkauf seiner Werke über eine Galerie kassiert der Galerist bis zu 60% des Verkaufspreises. Dem Künstler selbst bleiben 40% vom Preis, die er zudem noch versteuern muss. Das geht auch anders, wie ich hier lerne. Wübbena verkauft auch die Werke anderer Künstler und hat sich ein ganzes Netzwerk an Kontakten entwickelt.

 

Klar, es ist nicht ganz so leicht, eine Großplastik im Garten zu erwerben. Auch wenn die Entscheidung vielleicht ganz spontan fällt – der Abtransport muss zumindest sorgsam geplant werden. Wer will, kann jedoch kleinere Objekte kaufen und gleich mitnehmen. Wie auf’s Stichwort kommt ein Pärchen vorbei, auf dem Weg in Richtung Ausgang. Sie trägt einen Storch im Arm, er hat einen Kopf ausgewählt. Beide verabschieden sich. Bis nächstes Jahr – offensichtlich Stammkunden.

Wübbena gelingt das Kunststück, ganz neue Zielgruppen zu erreichen, nämlich die Menschen, die vielleicht nicht zur Betrachtung moderner Kunst in ein Museum gehen würden. Die Präsentation von Kunst in diesem prachtvollen Garten erlaubt eine ganz neue Perspektive. Ein perfekter Dialog von Kunst und Natur.

Die Saison im Skulpturengarten Funnix ist kurz, denn der Betrieb macht viel Arbeit. Die Saison beginnt Ende Juni und der 1. Sonntag im September ist traditionell der letzte Öffnungstag. Nur Donnerstag und Sonntag hat der Garten geöffnet.

 

Wübbena macht die Kunst und seine Frau kümmert sich um den Garten, unterstützt von einer Angestellten, die nicht nur während der Saison, sondern ganzjährig mithilft.

 

Besonderes Highlight ist das kleine Gartencafé. Einige Tische sind inmitten der duftenden Blütenpracht verteilt. Im Hintergrund ragt die Dorfkirche auf. Das Café ist Zusatzgeschäft und hat sehr zivile, ich würde sagen: viel zu niedrige Preise. Klar, die Servicekräfte sind keine Profis und das Angebot ist begrenzt, aber es stehen mehrere Sorten hausgemachter Kuchen zur Auswahl. Man hat die Qual der Wahl!

Pflaumenkuchen - nur echt mit einem ordentlichen Klatsch Sahne!

Pflaumenkuchen – nur echt mit einem ordentlichen Klatsch Sahne!

 

Wübbena klagt, dass er keine Unterstützung durch die regionalen Touristiker bekommt, im Gegenteil, die wollen noch Gebühren dafür, dass sie Werbung für ihn machen. Aber: er hat schon Journalisten und Fernsehteams im Garten gehabt.

Wie finden die Leute ihn? Im Vorbeifahren, genau so wie ich, und durchs Internet.

Die Herausforderung besteht darin, die Leute von der Küste weg zu locken. Die Kultur lockt keine Touristen an, so das traurige Fazit des Künstles. Im Norden fehlt in seinen Augen auch das Angebot für Kunstfreaks. Für mich stellt der Garten ein perfektes Angebot für all jene Menschen dar, die neben der ostfriesischen Natur auch noch etwas geistige Nahrung suchen.

 

Übrigens, der freundliche ältere Herr im Kassenhäuschen – das ist der Künstler, Leonard Wübbena.

Neugierig geworden? Dann schaut doch einmal auf der Website des Skulpturengarten Funnix vorbei! Die Eröffnung der Saison 2022 findet voraussichtlich am 25. Juni statt. Ein Besuch lohnt sich!

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