In diesem Jahr ist alles anders, und das haben wir einem fiesen kleinen Virus zu verdanken, das gerade die Welt lahmlegt – vor allem auch die touristische Welt. Meine Arbeit in der Pressestelle wurde mal eben auf links gedreht.
Ok, ich habe noch Glück gehabt, denn meine Presseworkshops zu Beginn des Jahres konnten alle noch wie geplant stattfinden, dem frühen Termin sei Dank. In normalen Jahren organisiere ich dann in der Folge eine ganz ordentliche Anzahl Pressereisen und beantworte unzählige Anfragen. Mein Telefon klingelt quasi ununterbrochen und ich begnüge mich meist mit einem Brot, das ich am Computer sitzend esse, um der Flut der Anfragen einigermaßen Herr zu werden. Allerdings immer im Bewusstsein, dass ich nicht jedem gerecht werden kann. Überstunden zähle ich schon gar nicht mehr.
Ich muss natürlich die Medien kennen, in denen veröffentlicht werden soll. Auch und gerade persönliche Kontakte sind dabei ungemein wichtig. Wenn ich weiß, wie mein Gegenüber tickt, dann hilft das bei der guten Zusammenarbeit. Das gilt für Journalisten und Blogger wie auch für Verlagshäuser. Und so hat mich im Februar eine Einladung des Jahreszeiten Verlags aufhorchen lassen.
Merian!
Es war tatsächlich erst im Februar. Vom Gefühl her hätte ich gesagt, es war im letzten Herbst – eigentlich war es in einem anderen Leben. Die Redaktion von ´Merian´ hatte zum ´Travel Talk´ in den Hessischen Hof in Frankfurt eingeladen und es wurde alles andere als eine langweilige Präsentation.
Kennt ihr die ´Merian´-Hefte? Man sieht sie noch oft auf Flohmärkten, und ich halte die Sammlung meiner Oma in Ehren. 1948 war das Gründungsjahr, d.h. sagenhafte 72 Jahre ist die Reihe mittlerweile alt. Mit Würzburg ging es damals los, und das erste nicht-deutsche Heft hatte Paris zum Thema, das erste außereuropäische Heft Marokko. Genau meine Länder. Die ersten Hefte waren sehr textlastig, und es gab nur Schwarzweißbilder. All das hat sich im Lauf der Jahre gewandelt, ´Merian´ ist jünger, frischer und bunter geworden.
Was für eine Freude, die Macher des Heftes persönlich kennenzulernen! Hansjörg Falz ist seit 2016 Chefredakteur und hatte sein Team, allen voran die stellvertretende Chefredakteurin Kathrin Sander, mitgebracht, um über Qualitätsjournalismus, Verlagsprodukte – den ´Merian Scout´ zum Beispiel – und Zukunftspläne zu plaudern. An diesem Abend begann ein reger Austausch, der sich im Büroalltag fortsetzte.
Rahmen der Veranstaltung war das Grandhotel Hessischer Hof, eines der Frankfurter Traditionshäuser. Hier kann man den zurückhaltenden Luxus eines 5 Sterne-Hotels genießen, mit antiken Möbeln, dicken Teppichen und stilvollem Ambiente. Unglaublich: Das Haus ist tatsächlich im Privatbesitz, denn es gehört der Familienstiftung der Landgrafen und Prinzen von Hessen. Sehr spannend, einen Blick hinter die Kulissen der Stiftung zu werfen, denn es gehören auch ein Weingut, landwirtschaftlicher Besitz und ein Gestüt zur Stiftung. Einfach köstlich war auch die Prinz von Hessen-Torte, die wir probieren durften: sie ist mit Riesling gemacht! Und der Kreis schließt sich…
Aus und vorbei. Ende September kam die Meldung, dass der Hessische Hof zum Jahresende schließen wird – ein Opfer der Coronakrise. Das Hotel war immer hoch profitabel und konnte von der Nähe zur Messe und dem Blick auf dei Frankfurter Skyline profitieren, aber im Moment geht tatsächlich nichts mehr. Messen und Geschäftsreisen liegen im wahrsten Sinne des Wortes am Boden. Schade, denn ich bin ein großer Freund von privat geführten Hotels.
Ein Traumpaar: Käse & Wein
Könnt ihr zu der Kombination Käse & Wein ´nein´ sagen? Ich definitiv nicht. Persönliche Treffen sind seit dem Frühjahr leider nicht mehr möglich, aber man kann ja versuchen, die Begegnungen in den digitalen Raum zu verlegen. Ob das funktioniert? ´Der Feinschmecker´ lud zu einer Online-Verkostung und in mir siegte die Neugierde.
Ich gebe es zu: ich war neugierig, wie die Kollegen die Sache angehen. Vielleicht kann ich mir ja etwas abgucken für eigene Aktionen. Und die Aussicht, die Chefredakteurin Deborab Gottlieb einmal zu erleben, hat mich ebenfalls gereizt. Wir hatten in diesem Jahr ein – ich will nicht sagen schwieriges, aber doch äußerst komplexes gemeinsames Pressereisenprojekt. Für mich war das Dossier ein Pendeln zwischen Fluchen und Fassungslosigkeit. Aber all das ist längst vergessen; wenn das Ergebnis hinterher stimmt, dann war es die Aufregung auf jeden Fall wert. Einen richtigen Schrecken habe ich dann allerdings bekommen, als das Verkostungspaket am Morgen geliefert wurde. Es war deutlich voluminöser als erwartet.
Die Verkostung war sehr spannend, denn es wurde quasi binationale Paare aus Käse und Wein gebildet. So wurde ein Weißburgunder aus Baden, der Ihringen Winklerberg Pagode 2012 von Stigler, zusammen mit einem Pecorino aus Sardinien verkostet. Der Wein kräftig, wegen seiner Reifung in neuen Holzfässern. Und der Käse ein bröseliger Traum voller Kristalle. Wusstet ihr, dass es auf Sardinien mehr Schafe als Einwohner gibt? Sagenhafte drei Millionen, die zudem eine sehr gute Milch geben. Der Pecorino benötigt nur drei Monate Reifezeit, wird aber leicht geräuchert. Habt ihr den Duft in der Nase?
Eine weitere Paarung bestand aus einem Spätburgunder von Meyer-Näkel und einem wunderbaren Crottin de Chavignol. An der Ahr habe ich schon so manche Wanderung durch die Weinberge unternommen, schon zu Studienzeiten, wenn ich einmal keine Lust auf Vorlesungen und Seminare hatte. Werner Näkel hat hier eins der führenden deutschen Rotweingüter aufgebaut. Der Wein ist mit Jahrgang 2018 noch jung, aber aus alten Reben gemacht, hat viel Körper. Und dazu der würzige, porös-salzige Käse aus Ziegenmilch – ein Traum mit AOC-Label aus dem Loiretal.
Die Botschaft ist klar: es geht bei Produkten wie Käse und Wein immer um Handwerkskunst. Die Persönlichkeit und die Passion der Macher sowie ihr Knowhow offenbaren sich im Produkt. ´Der Feinschmecker´ hat es sich zur Aufgabe gemacht, solche herausragenden Handwerker zu finden und vorzustellen. Und auch wir planen bei unseren Pressereisen immer Begegnungen mit kreaktiven Handwerkern, Köchen und Winzern ein. Und klar, Qualität hat auch ihren Preis. Durch den Manufakturgedanken ist der Bogen zum ´Robb Report´ geschlagen. Dieses Magazin rund um das Thema Luxus werde ich mir auf jeden Fall bei nächster Gelegenheit einmal aufmerksam ansehen.
Den Abschluss der Verkostung bildete ein Crémant de Loire zusammen mit einem 24 Monate gereiften Parmiggiano. Der Crémant ist eine gute Alternative zum Champagner, der von der Loire zudem besonders lecker, der Käse ein bröckeliges Stück italienisches Kulturgut.
Mein Fazit: die Zeit verging wie im Flug. Ich habe viel erfahren über den ´Feinschmecker´ selber, aber auch über das Partnermagazin ´Architektur & Wohnen´. Vollkommen neu war mir, dass der ´Feinschmecker´ einen YouTube-Kanal betreibt. Dort sind zum Beispiel drei Rezepte mit Parmigiano Reggiano zu finden – lecker! Und ein schöner Beleg, dass auch etablierte Redaktionen mit der Zeit gehen und sich der Situation anpassen können. Die Redaktion von ´Merian´ hat in der Corona-Krise übrigens ein Podcast gestartet… Und der ´Feinschmecker´ bietet virtuelle Weintouren an.
Die Geschwindigkeit der Online-Verkostung ist nicht unbedingt mein Ding, sondern hat mich eher überfordert. Ich nehme mir gerne mehr Zeit, mich mit den Dingen zu beschäftigen. Und dann habe ich noch versucht, mir einiges aufzuschreiben und einige Fotos zu machen… Ein Ding der Unmöglichkeit. Und mein Mise en place war nicht vollständig. Es war ein Ritt durch die Gewächse, aber ich habe für mich beschlossen, den Genuss in die Länge zu ziehen.
Offenlegung: Ich danke dem Team vom Jahreszeiten Verlag für die Einladungen, Inspiration, Genuss und Austausch. Ich habe viel gelernt, vor allem über Merian und den Feinschmecker. Die beschriebenen Eindrücke sind meine eigenen. Ich freue mich auf weitere Begegnungen und Projekte!
Und ZACK – den YouTube Kanal „Der Feinschmecker“ direkt abonniert. Danke für den Tipp 🙂
Die Online Verkostung klingt übrigens verdammt lecker!
Danke, lieber Hubert, für deinen Kommentar! Sie war verdammt lecker! Und ich finde es toll, wie viel Kreativität auch diese Krise freisetzt. Ich hoffe, dass ich mich genau daran erinnern werde, wenn wir uns wieder im richtigen Leben treffen können.