Mirmande & Cliousclat – Schönste Dörfer und verlockende Künste

Eglise Sainte FoyEglise Sainte Foy in Mirmande

Das Tal der Drôme ist ein ganz besonderes Fleckchen Erde. Vom türkisfarbenen Wasser des Flusses Drôme über die duftenden Lavendelfelder bis hin zum Wald von Saoû – man hat das Gefühl, in der Provence zu sein, aber dabei 50 Jahre Tourismusentwicklung ausgespart zu haben. Es gibt keine großen Sehenswürdigkeiten und kein Gedränge – was für eine Wohltat! Eine Entdeckungsreise durch das ländliche Frankreich.

Ein altes Ladenschild - perfekter Empfang in Mirmande

Ein altes Ladenschild – perfekter Empfang in Mirmande

Mirmande – eines der schönsten Dörfer Frankreichs

Wir machen uns auf den Weg nach Mirmande, das neben Grignan, Poet-Laval, La Garde-Adhémar und Montbrun-les-Bains als eines der schönsten Dörfer der Drôme gilt und sich mit dem Label ´Les Plus Beaux Villages de France´ schmücken darf. Es ist noch recht früh am Morgen, als wir uns dem Hügeldorf nähern. Wir sind fast alleine auf den gepflasterten Gassen unterwegs, als wir uns daran machen, das Dorf zu erkunden.

Angekommen in Mirmande

Angekommen in Mirmande

Die Ursprünge des Dorfes gehen auf das 12. Jahrhundert zurück. Die Familie Adhémar de Monteil gründete das Dorf und herrschte bis ins 14. Jahrhundert hinein. Der Ort gelangte durch die beginnende Seidenproduktion – die Seidenhauptstadt Lyon ist nicht weit – zu einigem Wohlstand. Dieser ursprüngliche Teil des Dorfes ist heute verlassen und verfallen, denn der Seidenspinnerwurm setzte dem wirtschaftlichen Aufschwung ein Ende.

 

 

Was für ein Glück, dass der kubistische Maler André Lhote Mirmande für sich entdeckte! Er verfiel dem Charme des Ortes und unternahm alles, um das Dorf vor dem Verfall zu retten. So gründete er eine Kunstschule, die ab 1924 viele kreative Geister nach Mirmande lockte, und organisierte Kunstausstellungen. Noch heute finden sich in den alten Steinhäusern die Ateliers zahlreicher Künstler und Kunsthandwerker.

 

Wir laufen zunächst bergan – die kleine Kirche Sainte Foy ist unser Ziel. Die Sonne zeigt, was sie kann, und wir schnaufen langsam in die Höhe. So viele malerische Anblicke und Ausblicke gibt es zu bestaunen. Nicht nur die romanische Kirche mit ihrem gotischen Turm ist sehenswert – auch der Ausblick über das Rhônetal, der sich uns bietet, könnte schöner kaum sein.

Die Eglise Sainte Foy

Die Eglise Sainte Foy

 

Landschaftslektüre

Landschaftslektüre

Wir nehmen einen anderen Weg abwärts und bleiben mit den Augen an einigen faszinierenden Versteinerungen, die ins Mauerwerk eingearbeitet sind, hängen. Die Vorgeschichte lässt grüßen.

Ein Dorf mit viel Grün

Ein Dorf mit viel Grün

 

Versteinerte Zeugen der Vergangenheit

Versteinerte Zeugen der Vergangenheit

Interessantes Mauerwerk

Interessantes Mauerwerk

Im Atelier von Céline Bari

Die rote Tür eines Ateliers auf der Grande Rue lockt uns magisch an, und auch filigrane kleine Tonfiguren, die im Eingangsbereich in der Luft schweben. Sie sind das Werk von Céline Bari, die uns in ihr Atelier bittet.

Künstleratelier Céline Bari

Künstleratelier Céline Bari

 

Céline ließ sich 2006 in Mirmande nieder, um sich ganz der Kunst widmen zu können. Neben den Tonarbeiten malt sie auch, und man kann bei ihr Portraits in Auftrag geben. Auch deutsche Kunden haben ihre Werke schon gekauft, wie sie uns erzählt.

 

Die drei Grazien

Die drei Grazien

 

Künstlerin bei der Arbeit

Künstlerin bei der Arbeit

Hier bleib ich sitzen und rühre mich nicht!

Hier bleib ich sitzen und rühre mich nicht!

Rathaus oder Restaurant?

Rathaus oder Restaurant?

Die Porte des Gauthiers

Wir laufen weiter über das Kopfsteinpflaster der Grande Rue und gelangen zu einem Torbogen, der Porte des Gauthiers. Mirmande verfügt über zwei Stadtmauern, die erste aus dem 13. und die zweite aus dem 15. Jahrhundert. Die Porte des Gauthiers entstand vor 1552 und sie ist das einzig verbliebene Tor der zweiten Stadtmauer. Wenn man unter dem Bogen stehend die Augen hebt, dann kann man noch original erhaltene Fresken sehen.

Grande Rue - ganz klein

Grande Rue – ganz klein

 

Bei Demoiselle Jane

Wir sind fast am Ausgangspunkt unseres Spaziergangs angekommen. Demoiselle Jane erwartet uns in ihrem Glasatelier, direkt neben dem Gebäude des Office de Tourisme. Sie stellt Objekte und Perlen aus Glas her, wobei ihr Arbeitsplatz eine wohltuende kreative Unordnung ausstrahlt. Ich bin sicher, dass hier jedes noch so kleine Teil seinen Platz hat.

 

Arbeitsplatz einer Glaskünstlerin

Arbeitsplatz einer Glaskünstlerin

 

Jane stellt in ihrem kleinen Atelier auch Werke von Danièle Hart-Bellier aus, die mit Steingut und Porzellan arbeitet. Eine harmonische Symbiose!

 

Die Töpferei von Cliousclat

Ganz klar: das Tal der Drôme ist eine Gegend, in der Kunst und Kunsthandwerk blühen und in der kreative Geister sich ausleben können. Wir beschließen, noch eine weitere Adresse zu erkunden und fahren wenige Kilometer weiter nach Cliousclat, wo wir die ´Poterie´, die lokale Töpferei, erkunden.

Hereinspaziert: La Poterie de Cliousclat

Hereinspaziert: La Poterie de Cliousclat

Pierre Beziat erwartet uns schon. Er hat sein ganzes Berufsleben als ´tourneur´ in der Töpferei verbracht und bleibt dem Unternehmen auch jetzt, im Ruhestand, treu, indem er Besucher durch die Einrichtung führt. Töpferware ist Handarbeit und dreizehn oder vierzehn Handgriffe sind bis zum fertigen Produkt nötig, so erklärt Pierre uns.

Großartig: ehemalige Mitarbeiter führen durch die Töpferei

Großartig: ehemalige Mitarbeiter führen durch die Töpferei

Warum ist dieses Kunsthandwerk gerade in Cliousclat entstanden? Ganz einfach: in 50 Zentimetern Tiefe fand man Tonerde, und zwar nicht nur eine dünne Schicht – die Tonerde reicht 40 bis 60 Meter in die Tiefe. Seit rund 1.000 Jahren werden Töpferwaren in der Gegend hergestellt. Pierre nimmt uns mit zum Steinbruch, aus dem die Töpferei ihre Tonerde holt. Der Ton wird mit Schaufel und Spitzhacke abgebaut, dann in großen Haufen vorgetrocknet, bevor er zur Weiterverarbeitung zu den Werkstätten transportiert wird.

Reinigungsbecken - hier werden Wurzeln und Blätter ausgefiltert

Reinigungsbecken – hier werden Wurzeln und Blätter ausgefiltert

In einem runden Becken wird die Tonerde mit Wasser gut durchgemischt. Die schweren Bestandteile setzen sich ab, während das Wasser sich oben sammelt. Verschmutzungen wie Blätter oder Wurzeln werden ausgefiltert, und die gefilterte Tonerde anschließend in große Trockenbecken abgeleitet. Mit einem Rechen werden Blöcke gezeichnet – quasi ein natürliches Schneiden – die einzelnen, handlichen Blöcke lassen sich gut einlagern.

In der Werkstatt

In der Werkstatt angekommen, sehen wir dem Töpfer bei der Arbeit zu. Ich erinnere mich an meine Versuche an der Töpferscheibe, vor langer Zeit, als ich noch zur Schule ging. Entweder der Ton war zu trocken und bröselte vor sich hin oder aber er war zu nass und flog durch den ganzen Werkraum… Die Produkte unserer Kreativität müssen damals unseren Kunstlehrer an den Rand der Verzweiflung gebracht haben.

Der ´tourneur´ bei der Arbeit

Der ´tourneur´ bei der Arbeit

Hier sind die Profis am Werk. Der Meister an der Drehscheibe hat sich seinen Arbeitsplatz perfekt eingerichtet. Durch das Fenster kommt viel Licht herein. Die Drehscheibe wird seit den 1960er Jahren elektrisch bestrieben.

 

Maßarbeit an der Drehscheibe

Maßarbeit an der Drehscheibe

Die Meisterschaft an der Drehscheibe zeigt sich bei einer Serienproduktion und verlangt eine jahrelange Ausbildung. Die Tonblöcke müssen immer genau dasselbe Gewicht haben. Damit auch die Höhe stimmt, hat der Töpfer eine Markierung am Rand der Scheibe befestigt, die ihm genau anzeigt, bis zu welcher Höhe er den Krug hochziehen kann. Wir staunen, wie fix der Töpfer es schafft, einen Krug zu töpfern.  Nur wenige Minuten sind nötig, bis er zur ersten Trocknung auf ein Holzbrett gestellt wird. Nur der Henkel fehlt noch – der folgt einen Tag später.

 

Im nächsten Schritt wird die Töpferware geschmückt und dann mit einer Glasur überzogen, um sie wasserundurchlässig zu machen und die Farben zum Leuchten zu bringen.

Handarbeit

Handarbeit

Hier braucht es eine ruhige Hand

Hier braucht es eine ruhige Hand

Es folgt der Brand der Töpferwaren. Mittlerweile gibt es einen Elektroofen, der immer gleichbleibende Temperaturen garantiert. Der alte Ofen, der seit der Gründung der Töpferei im Jahr 1902 bis zum Jahr 2.000 verwendet wurde, war 20 Kubikmeter groß. Anschauen kann man ihn noch heute. Volle drei Tage dauerte es, den Ofen mit Töpferwaren zu füllen. Zwischen 3.500 und 4.000 Teile fanden dabei Platz. Die Ofenöffnung wurde mit Ziegelsteinen zugemauert und der Ofen langsam angeheizt, um einen thermischen Schock zu vermeiden. Es folgte ein Tag für den Brand, danach zwei Tage für die Abkühlung. Auch sie durfte nicht zu schnell erfolgen.

Töpferträume zum Mitnehmen

Wir haben so vielen Töpferwaren bei der Entstehung zugesehen. Wie schön, dass es auch einen Shop gibt, in dem die ganze Pracht wunderbar präsentiert wird!

Dieser Töpfereishop lässt mich träumen

Dieser Töpfereishop lässt mich träumen

Zartes Dekor

Zartes Dekor

Die Farben des Südens

Die Farben des Südens

Wo bekomme ich jetzt nur einen LKW her, um die ganzen Schätze abtransportieren zu können? Ich bin vollkommen überwältigt angesichts der Fülle an Töpferwaren. Wir sind überwältigt und überfordert – eine Pause muss her!

Becher kann man doch nie genug haben, oder?

Becher kann man doch nie genug haben, oder?

Eigentlich zu schön, um benutzt zu werden

Eigentlich zu schön, um benutzt zu werden

La Treille Muscate

Nur wenige Schritte von der Töpferei entfernt, lockt uns ´La Treille Muscate´ an, ein äußerst charmantes Hotel-Restaurant. Man muss wissen, dass es hier eine wunderschöne schattige Terrasse mit Ausblick gibt.

Das Restaurant zählt zu den besten in der Drôme und die Karte wandelt sich im Wechsel der Jahreszeiten. Hier wird unter der Leitung von Küchenchef Gael Faure regional und saisonal gekocht. Ich entscheide mich für eine Forelle aus der benachbarten Ardèche, dazu mit Spinat gefüllte Ravioli sowie Ricotta mit schwarzem Knoblauch und Quinoa.

Forelle aus der Ardèche

Forelle aus der Ardèche

Und auch das Dessert ist ein Traum: ein Rhabarber-Trifle. Leben wie Gott im Tal der Drôme.

Rhabarberbarbara wäre begeistert!

Rhabarberbarbara wäre begeistert!

Un café - weckt die Lebensgeister

Un café – weckt die Lebensgeister

Als wir das ´Treille Muscate´ glückselig wieder verlassen, sehen wir auf der Terrasse vor dem Haus einen Mitarbeiter der Töpferei sitzen. Die Welt ist klein – und hier im Tal der Drôme definitiv noch in Ordnung.

 

Übernachten kann man im ´Treille Muscate´ übrigens auch. Jedes der 13 Zimmer ist individuell gestaltet.

 

Schattige Wege voller Schönheit

Schattige Wege voller Schönheit

Offenlegung

Ich hatte das große Glück, eine kleine Gruppe deutscher Journalisten begleiten zu dürfen, für die der Tourismusverband des Vallée de la Drôme eine Pressereise organisiert hat. Die Tage, die uns Nicolas Adam, der Direktor des Büros, gemeinsam mit seinem kleinen Team organisiert hat, ließen uns zwar kaum einen Moment zum Verschnaufen, waren aber vollgepackt mit wunderbaren Erlebnissen und Entdeckungen. Ich habe das Tal der Drôme als eine Region erlebt, in der Gastfreundschaft ganz groß geschrieben und der Besucher wie ein Freund aufgenommen wird. Dafür danke ich von ganzem Herzen. Die beschriebenen Eindrücke sind meine eigenen.

Südfranzösische Wohnträume

Südfranzösische Wohnträume

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert