Es hat Vorteile, quasi unvorbereitet auf Reisen zu gehen: man ist offen für spontane Entdeckungen. Als ich nach Kiel kam, war mein Plan, die Stadt zu erkunden. Ich wollte weder in einen der Nachbarorte, noch hatte ich daran gedacht, dass sich die Gelegenheit für eine Minikreuzfahrt ergeben könnte. Wie gut, dass alles anders kam! Gleich an meinem ersten Morgen in Kiel fielen mir die vielen wartenden Menschen auf der Bahnhofsbrücke auf. Schnell weiß ich, warum: Hier starten Hafenrundfahrten und die Boote der SFK, der Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel, nutzen die Anlegestelle.
ÖPNV auf dem Wasser
Von März bis Oktober gibt es in Kiel einen umfassenden ÖPNV auf dem Wasser, der auch für Touristen ein großartiges Angebot darstellt. Von der Bahnhofsbrücke aus kann man mit der Fähre von verschiedene Anlegestellen in Kiel selbst – Seegarten, Reventlou und Bellevue – nach Laboe fahren. So wie im ganz normalen ÖPNV einer Großstadt, gibt es auch hier Einzel- oder Wochenfahrkarten, Tages- oder Wochenkarten, und für die Fahrradmitnahme wird ein Aufschlag fällig. Im glückseligen Sommer 2022 waren die Fährfahrten sogar im 9-Euro-Ticket inbegriffen. Die Fahrt ist jedoch ungleich angenehmer als die mit einer stickigen S-Bahn im Großraum Frankfurt und stellt sich als eine kleine Kreuzfahrt heraus. Ich habe mein persönliches Traumschiff gefunden – ein Schiff mit überschaubaren Dimensionen.
Mini-Kreuzfahrt in der Kieler Förde
Zahlreiche Menschen warten am nächsten Morgen mit mir auf die Fähre: Rentnertrupps mit hochwertiger Outdoor-Ausstattung und Nordic Walking-Stöcken, lärmende Schulklassen, Familien mit Bollerwagen voller Strandausrüstung und Radler, viele Radler. Ich suche mir einen schattigen Platz an der Reling, vom dem ich ungestört auf das Ufer schauen kann. Der stetige Wind lässt mich die hochsommerlichen Temperaturen gut aushalten. Es geht vorbei an der Kiellinie und ich genieße den Blick vom Wasser auf die Stadt. Ich erkenne das charakteristische Gebäude des Schifffahrtmuseums und freue mich über das Treiben an den Anlegestellen.
Die Fähre fährt dann im Zickzackkurs über die Kieler Förde und insgesamt bin ich eine Stunde auf dem Wasser. Erholung pur! Die Anlegestellen Mönkeberg und Möltenort liegen auf der Ostseite der Kieler Förde, Friedrichsort und Falkenstein auf der Westseite. Beim nächsten Mal muss ich unbedingt hier aussteigen, aber heute habe ich mir Laboe als Ziel ausgeguckt. Der Name weckt irgendwelche fernen Erinnerungen in mir, warum auch immer.
Ankunft im Hafen von Laboe
Was für ein großartiger touristischer Slogan: „Willkommen auf der Sonnenseite der Kieler Förde“. Und schon stehe ich im Hafen von Laboe. Die Boote wiegen sich sanft im Wasser und zur anderen Seite fällt mir der feinsandige Strand auf. Laboe liegt rund 10 Kilometer nordöstlich von Kiel und ist die letzte, am äußersten Ende der Kieler Förde gelegene Siedlung. Etwas weiter nördlich beginnt die sogenannte ´Dänische Südsee´ mit ihren Inseln.
Häfen ziehen mich immer magisch an und so laufe ich an den Booten vorbei. Seit 1894 befindet sich im Hafen von Laboe auch eine Station der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Sie ist zuständig für das stark befahrene Gebiet der Kieler Bucht und der Ostsee.
Frischen Fisch gibt es natürlich auch, und rund um den Hafen ziehen einige Verkaufsbuden hungrige Menschen an.
An der Strandpromenade
Das Schöne an kleinen Orten wie Laboe ist, dass man sich unmöglich verlaufen kann. Ich laufe an der Musikmuschel vorbei in Richtung der Strandpromenade. Rund 5.300 Einwohner hat Laboe, und pro Jahr kommen 250.000 Gäste hierher. An Unterkünften scheint es hier nicht zu mangeln, und ich entdecke einige schöne alte Häuser – vermutlich Kapitänshäuser – Zeugen lange vergangener Zeiten.
Eins dieser alten Häuser hat eine neue Nutzung gefunden. Ein Kunstautomat lässt mich vor dem Freya Frahm Haus Laboe, einer kulturellen Begegnungsstätte direkt an der Promenade, stehen bleiben. Ein Aushang weist darauf hin, dass es hier Kunst, Musik und Vorträge gibt. Das Haus ist eines der ältesten an der Promenade und wurde 1896 erbaut. Es ist das Vermächtnis der Laboerin Freya Frahm, die hier ein Haus der Kultur und Begegnung schaffen wollte. Heute kümmert sich ein Förderverein um den Erhalt des Hauses und das kulturelle Programm.
Zurück an den Strand und hier erwartet mich eine weitere Kuriosität: was von Ferne aussieht wie ein Parkautomat, das ist in Wirklichkeit ein Automat für Strandkarten…
Trotz der sommerlichen Temperaturen ist am Strand nur wenig los. Einige Kinder planschen im Wasser, das hier ganz flach ist.
Am Marine-Ehrenmal
Von weithin sichtbar ist eine der Sehenswürdigkeiten Laboes: das Marine-Ehrenmal. Der 72 Meter hohe Turm soll an die gefallenen Marinesoldaten der beiden Weltkriege erinnern. Die Idee entstand bereits zur Zeit der Kaiserlichen Marine, Grundsteinlegung war dann 1925, nach einem Beschluss des Deutschen Marinebundes. Turm und Gedenkhalle wurden überwiegend mit Spendengeldern von Marineangehörigen errichtet, und auch heute werden Spendengelder für den Erhalt des Marine-Denkmals dringend benötigt.
Am Turm ist auch ein U-Boot zu sehen, das 1943 bei Blohm & Voss in Hamburg gebaut und dann nach dem Krieg zunächst nach Großbritannien, dann nach nach Norwegen ging. Erst 1965 kam es nach Deutschland zurück.
In den Dünen
Viel mehr als das Kriegsgerät interessiert mich die Dünenlandschaft bei Laboe. Sie ist Naturerlebnisraum Schleswig-Holsteins und die acht Hektar große Fläche soll die Natur schützen und gleichzeitig für Touristen und Ausflügler erlebbar machen.
Die Meeresbiologische Station ist das Ziel einer lärmenden Schulklasse – Signal für mich, umzudrehen und mir ein kleines Café zu suchen. Von meinem Platz in einem Strandkorb aus genieße ich einen guten Kaffee und den Blick über die Weite der Ostsee.
Neugierig geworden?
Informationen über die Ausflugsfahrten mit der Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel gibt es auf der Website des Unternehmens. Eine besonders schöne Idee ist auch der Fördetörn mit drei Abfahrten täglich während der Sommermonate. Hier kann man im Rahmen einer zweistündigen Rundfahrt all das vom Wasser aus entdecken, was Kiel aufmacht – Traditionssegler, die Fähren nach Skandinavien und die großen Kreuzfahrtschiffe, aber auch die Werften der Stadt. Das Treiben vor der Schleuse in den Nord-Ostseekanal stelle ich mir auch spannend vor.
Informationen über den kleinen Ort Laboe gibt es auf der Website des Ostseebades. Wer mehr über die Orte an der Ostsee wissen will, ist auf der Seite Ostsee Schleswig-Holstein gut aufgehoben. Eine schöne Idee für Aktivurlaub ist der Ostseeküsten-Radweg, der auf 438 Kilometer durch Schleswig-Holstein führt, von Flensburg nach Travemünde – als Teil des Europäischen Fernradwegs EuroVelo 10, der auf 7.980 Kilometern einmal rund um die Ostsee führt.
Ein sehr schöner Bericht, liebe Monika.
Es freut mich, dass die Kiel und die Förde so gut gefallen haben.
Viel Spaß beim nächsten Besuch!