In Helsingör Hamlet treffen

Die Fensterfront im großen Ballsaal - Schloss KronborgDie Fensterfront im großen Ballsaal - Schloss Kronborg

Von Kopenhagen aus ist es nur ein Katzensprung bis nach Helsingör – gerade mal 45 Kilometer beträgt die Entfernung von der dänischen Hauptstadt oder eine knappe Stunde Fahrtzeit mit dem Regionalzug, vorbei an Louisiana, dem faszinierenden Museum für Moderne Kunst in Humlebaek. Und schon stehe ich an der engsten Stelle des Öresund, an der Nordostspitze der Insel Seeland und schaue über das Hafenbecken auf die beeindruckende Anlage von Schloss Kronborg und – jenseits des Wassers – das schwedische Helsingborg.

Großer Bahnhof in Helsingör

Nicht nur das Schienennetz der Insel Seeland, die Pünktlichkeit und Taktung der Züge, auch die große Bahnhofshalle begeistert mich. Was für eine unglaubliche Pracht! Macht nicht allein diese Halle Lust, mehr Zug zu fahren? Der Bahnhof Helsingör wurde 1891 im Stil der dänischen Neorenaissance eröffnet. Heute befindet sich das Fährterminal gleich nebenan.

Die prachtvolle Halle des Bahnhof Helsingör

Die prachtvolle Halle des Bahnhof Helsingör

Helsingör ist eine kleine Stadt mit nicht einmal 50.000 Einwohnern. Der Stadtkern ist ausgesprochen gut erhalten und es macht Spaß, durch die Gassen und am Hafenbecken entlang zu flanieren.

Der Hafen von Helsingör

Der Hafen von Helsingör

Schiff, Schloss und ein Wolkenpanorama - Helsingör

Schiff, Schloss und ein Wolkenpanorama – Helsingör

Erik von Pommern und der Sundzoll

Für den Aufstieg des einstigen Fischerdorfes war König Erik von Pommern verantwortlich, denn der führte des Öresundzoll ein. Mit diesem Zoll wurden ab 1426 alle nichtdänischen Schiffe belegt, die den Öresund durchfahren wollten. Der Ärger mit den Hansestädten war so vorprogrammiert. Bis weit in die Mitte des 19. Jahrhunderts leistete der Öresundzoll jedoch einen wichtigen Beitrag zum Staatshaushalt, denn die Erlöse flossen direkt in die Tasche des Königs.

Blick über den Hafen von Helsingör nach Schloss Kronborg

Blick über den Hafen von Helsingör nach Schloss Kronborg

Die Überwachung des Öresunds erfolgt zunächst vom Wachturm Kärnan in Helsingborg aus, das heute zu Schweden gehört, damals aber dänisch war. Erst 1420 ließ Erich VII die Festung Krogen errichten – ein gemauertes Quadrat, mit einer Seitenlänge von 80 Metern und Wachhäusern. Heute steht hier Schloss Kronborg.

Annäherung an Schloss Kronborg

Annäherung an Schloss Kronborg

Symbol der Macht – Schloss Kronborg

Eigentlich wollte ich mir in Dänemark überhaupt keine Schlösser anschauen. Der Prunk irgendwelcher royalen Paare ist mir eigentlich vollkommen egal. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel, und eine solche Ausnahme habe ich auch in Helsingör gemacht, als ich dieses Gemäuer sah. Das Schloss ist unglaublich beeindruckend. Es ist ein Symbol der Macht, und zugleich ungemein elegant.

Mit Kanonen gen Schweden - Schloss Kronborg

Mit Kanonen gen Schweden – Schloss Kronborg

Ich schaue mir zunächst die Kanonen an, die auf Schweden gerichtet sind. Auch der Aufstieg auf den Schlossturm lohnt sich, denn mir bietet sich ein fantastischer Ausblick über die Stadt.

Der Aufstieg auf den Schlossturm lohnt sich für diesen Ausblick rüber nach Schweden

Der Aufstieg auf den Schlossturm lohnt sich für diesen Ausblick rüber nach Schweden

Mit Frederik und Sophie in Schloss Kronborg

Schloss Kronborg in seiner heutigen Form ist ein Werk von König Frederik II. Der regierte von 1559 bis 1588 und schuf mit Kronborg eine Residenz, die geeignet und gedacht war, Gäste aus nah und fern zu beeindrucken. Vor allem eine Person sollte beeindruckt werden: 1572 heiratet Frederik II seine Cousine Sophie von Mecklenburg. Er ist 38 Jahre, sie 15 Jahre alt. Eine glückliche Ehe, aus der sieben Kinder hervorgehen.

Hausherren in Schloss Kronborg - Frederik II und Gattin Sophie von Mecklenburg

Hausherren in Schloss Kronborg – Frederik II und Gattin Sophie von Mecklenburg

Mit dem Bau des neuen Schlosses wurde 1574 begonnen und die Arbeiten dauerten rund 10 bis 12 Jahre an. Die einst roten Mauern wurden mit weißem Sandstein aus Skane und Gotland verkleidet, allein, um sich vom Adel abzusetzen. Dazu kommen rötliche Kupferdächer und Türmchen. 1584 war der Bau so weit gediegen, dass hier der dänische König Hof halten konnte.

Requisiten eines reisenden Hofes

Requisiten eines reisenden Hofes

Der dänische Hof war ein reisender Hof. Die königliche Familie und ihre Berater waren unterwegs von Schloss zu Schloss, um einige Tage oder Wochen zu bleiben. Kündigte der König sein Kommen an, dann brach hektische Aktivität aus. Rund 150 Kutschen hielten dann vor dem Schloss und brachten alles mit, was ein königlicher Haushalt so brauchte: Garderobe, Dokumente, Küchenutensilien und Wandbehänge. Und natürlich eine Bataillon an Dienstboten.

Die Schaltzentrale der Macht - Schloss Kronborg

Die Schaltzentrale der Macht – Schloss Kronborg

Das königliche Arbeitszimmer hat es mir besonders angetan mit dem schlichten Stil des Mobiliars. War der König in Kronborg, dann wurden von hier aus die Geschicke des Landes geleitet – Gesetze und Dekrete aufgeschrieben, Korrespondenz geführt. Und der König hatte immer das letzte Wort.

Ein Traum von einem Arbeitsplatz - Schloss Kronborg

Ein Traum von einem Arbeitsplatz – Schloss Kronborg

Der unglaubliche Charme alter Schreibtische - Schloss Kronborg

Der unglaubliche Charme alter Schreibtische – Schloss Kronborg

Der König nannte auch eine Bibliothek sein Eigen. Er lud Gelehrte und Künstler ein, um stets auf dem Laufenden zu sein, was gerade zu Zeiten der Renaissance angesagt war in Architektur, Kunst und Musik. Auch einen Astronomen gab es, der den König in die Welt der Astronomie einführte, und einen Historiker, der in seinem Auftrag die Geschichte Dänemarks aufschrieb.

Platz für Gelehrsamkeit - Schloss Kronborg

Platz für Gelehrsamkeit – Schloss Kronborg

Was mir ausgesprochen gut gefällt: die Dänen und Däninnen sind ungemein kinderfreundlich. Kinder werden ernst genommen. Hier zum Beispiel sitzt der König an seinem Schreibtisch und spricht lange und ausführlich mit den kleinen Besuchern. Auch wenn ich den Inhalt dieser Zwiegespräche nicht verstanden habe: mir wurde klar, dass es um gewichtige Fragen der Staatsführung ging. Ein guter Weg, den Knirpsen die Geschichte des Landes näher zu bringen, ohne sie durch historische Jahreszahlen zu langweilen.

König Frederik II an seinem Schreibtisch in Schloss Kronborg

König Frederik II an seinem Schreibtisch in Schloss Kronborg

Sehr schön sind auch die Gemächer der Königin. Die ganz typischen Betten der Zeit bieten durch dicke Bettvorhänge Schutz vor Kälte. In diesen Gemächern verbrachte Sophie ihre Zeit und managte Haushalt und Kinder.

Der Schreibtisch der Königin, Sophie von Mecklenburg

Der Schreibtisch der Königin, Sophie von Mecklenburg

Herrlich auch die Galerie der Königin. Sie war nicht nur der Weg in den Ballsaal, sondern auch gedacht, der Königin Bewegung zu verschaffen, ohne dass sie sich bei schlechtem Wetter die Schuhe ruinierte. Ein recht schlichter Gang mit einigen Gemälden an der Wand. In dieser Galerie wurde auch alles Material gelagert, das nicht ins nächste Schloss mitgenommen wurde.

Ein Gemälde in der Galerie der Königin

Ein Gemälde in der Galerie der Königin

Der große Ballsaal in Schloss Kronborg ist äußerst beeindruckend. Ich muss sofort an die Galerie in Schloss Chenonceau, im französischen Loiretal denken. Die Dimensionen des Ballsaals sind alles andere als bescheiden, aber er hat viel Klasse. Bei Festen wurden feinste Speisen und Wein in rauen Mengen aufgetischt und ich habe die Gelage fast bildlich vor Augen. Bis zu 24 verschiedene Gänge wurden aufgetragen – Krebs in Aspik, Wildbret, Austern mit kostbarer Zitrone und Pasteten von Schwan, Hase oder Hummer.

Der große Ballsaal auf Schloss Kronborg - hier kann sich die ganze königliche Pracht entfalten

Der große Ballsaal auf Schloss Kronborg – hier kann sich die ganze königliche Pracht entfalten

Der große Ballsaal war der größte seiner Art in ganz Nordeuropa. Hier feierten auch die beiden ältesten Töchter des Königs ihre Vermählung. Heute erwartet eine ganz andere Persönlichkeit die Besucher und Besucherinnen des Schlosses.

Der große Ballsaal - hier wird Macht zelebriert

Der große Ballsaal – hier wird Macht zelebriert

Hamlet, Prinz von Dänemark

Auch einem englischen Dichter, Theatermacher und Schauspieler, dessen Werk zu dem bedeutendsten der Literatur gehört, kommt der Ruhm von Schloss Kronborg zu Ohren – William Shakespeare. Der hatte in einer Chronik Dänemarks aus dem späten 12. Jahrhundert von der Geschichte des jütländischen Häuptlingssohns Amled gelesen. Fasziniert von der Geschichte des Historikers Saxo Grammaticus (was für ein Name!), verlegt er die Handlung kurzentschlossen nach Schloss Kronborg und damit in ein kulturelles Zentrum der Zeit. Ganz schön clever, um Theaterbesucher neugierig zu machen!

Shakespeare hat Helsingör nicht selbst besucht, soviel ist sicher, aber einige seiner Schauspieler sind am dänischen Hof vor König Frederik II aufgetreten. Sie berichteten Shakespeare  wahrscheinlich von der Pracht des Schlosses und den rauschenden Festen des dänischen Königs.

Hamlet, König von Dänemark. Im Museumsshop gibt es die passenden Taschen mit dem Aufdruck "Something is rotten in the state of Denmark"

Hamlet, König von Dänemark. Im Museumsshop gibt es die passenden Taschen mit dem Aufdruck „Something is rotten in the state of Denmark“

Ja, und dann sitzt der dänische Prinz Hamlet plötzlich da vor mir und grübelt über sein tragisches Schicksal! Er weilt zu Studien in Deutschland, als er die Nachricht erhält, dass sein Vater gestorben sei. Schlimmer noch, sein Onkel Claudius hat die Witwe des Königs, Hamlets Mutter Gertrud, geheiratet und macht es sich auf dem Thron bequem. Hamlet eilt ins elterliche Schloss. Der Geist des Vaters erscheint ihm im Schlaf und berichtet, er sei ermordet worden. Jetzt muss ein Racheplan her!

Und da kommen wieder die Kinder ins Spiel: Hamlet bespricht seine inneren Konflikte mit den kleinen Besuchern des Schlosses. Ich verstehe zwar kein Wort, aber es wird deutlich, dass die Kinder hier sehr ernst genommen werden. Hamlet bespricht sich mit ihnen, reagiert auf ihre Antworten und nimmt sich viel Zeit für den Austausch. Eine großartige Art und Weise, Kindern die großen Werke und Konflikte der Weltliteratur nahe zu bringen! Ich glaube, ich muss nochmal das alte Reclamheft vorkramen und das alte Stück neu lesen.

Geistige Nahrung: Die Kapelle

Wo ein Schloss ist, da ist in aller Regel auch eine Schlosskapelle. 1577 wurde unter Frederik II mit dem Bau der Kapelle begonnen; Fertigstellung war 1582, auch wenn in den Folgejahren noch weiter gewerkelt wurde. 1629 kam es zu einem großen Brand im Schloss, von dem die Kapelle jedoch wie durch ein Wunder verschont blieb. Auch heute können sich Paare übrigens in der Kapelle trauen lassen.

Ein Blick in die Kapelle von Schloss Kronborg

Ein Blick in die Kapelle von Schloss Kronborg

Faszinierende Holzarbeiten in der Kapelle

Faszinierende Holzarbeiten in der Kapelle

Nahrung für den Körper: Die Schlossküche

Besonders spannend sind für mich immer die Küchen der Schlösser. In Kronborg gab es davon sogar vier – eine für den König, eine für die Königin, die allgemeine Schlossküche und die Rauchküche. Extravagante Produkte und kostbare Gewürze waren dem Königspaar vorbehalten und wurden von besonders vertrauenswürdigem Personal in deren Küchen verarbeitet. Der Koch musste dennoch als Vorkoster antreten – zu groß die Gefahr, dass der König vergiftet wird…

Ein Blick in die Schlossküche - Schloss Kronborg, Helsingör

Ein Blick in die Schlossküche – Schloss Kronborg, Helsingör

Heimelige Schlossatmosphäre

Heimelige Schlossatmosphäre

Wie auch in anderen Teilen des Schlosses, so wird auch in der Küche die Geschichte so inszeniert, dass sofort ein Film vor meinem inneren Auge entsteht. Ganz eindeutig: hier herrscht wuselige Geschäftigkeit, denn ein großes Fest will vorbereitet sein…

In der Altstadt von Helsingör

So spannend Schloss Kronborg ist, es lohnt sich, auch furch die Altstadt von Helsingör zu flanieren. Wunderbare alte Häuser und viel dänische Gemütlichkeit sind hier zu finden. Kleine Cafés und Restaurants, ein bisschen Streetart – was kann man sich mehr wünschen?

Altes Fachwerkhaus mit frischer Farbe - irgendwo in Helsingör

Altes Fachwerkhaus mit frischer Farbe – irgendwo in Helsingör

In Helsingör fährt man Fahrad!

In Helsingör fährt man Fahrad!

Neugierig geworden?

Falls ihr neugierig geworden seid auf Helsingör, dann schaut euch doch einmal die Website von Visit Copenhagen an! Hier finden sich unzählige Tipps und Ideen für die Entdeckung von Kopenhagen sowie des Umlands.

Dänische Gemütlichkeit liegt auch in Design- und Retroshops - hier in Helsingör

Dänische Gemütlichkeit liegt auch in Design- und Retroshops – hier in Helsingör

Ideal für die Entdeckung des Umlands der dänischen Hauptstadt ist die Copenhagen Card, die nicht nur freien Eintritt in etliche Sehenswürdigkeiten gewährt, sondern auch auch für Fahrten mit dem ÖPNV genutzt werden kann – bis weit ins Umland hinein. So ist sowohl die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Helsingör als auch der Eintritt in Schloss Kronborg inbegriffen. Die Copenhagen Card kann als App auf das Smartphone geladen werden.

Kirchengeschichte in Helsingör - ein Mural von Lara Atzori und Piercarlo Carella

Kirchengeschichte in Helsingör – ein Mural von Lara Atzori und Piercarlo Carella

Über alles Sehenswerte auf Schloss Kronborg informiert diese Website – auch in Deutsch. Wunderbare Souvenirs gibt es im Museumsshop.

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert