An der Harle – zwischen Carolinensiel und Harlesiel

Deichschafe in Harlesiel - dem Paradies ganz nahDeichschafe in Harlesiel - dem Paradies ganz nah

Kennt ihr auch dieses Gefühl der absoluten Erschöpfung? Viel zu viel Arbeit in einem sich immer weiter beschleunigenden Rhythmus, zu viele Anforderungen, die von allen Seiten auf einen hereinprasseln, und dabei kaum Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen und neue Kraft zu schöpfen?

An der Harle

An der Harle

Und dann gibt es diese Kraftorte, die einen sofort alle Widrigkeiten des Lebens vergessen lassen. Für mich ist solch ein Ort Ostfriesland geworden. Ok, die Anreise mit dem Auto aus dem Rhein-Main-Gebiet über die A5 und die A45 ist kein Zuckerschlecken; eine Baustelle reiht sich an die andere. Aber sobald ich die A29 erreiche, habe ich das Gefühl, das Tempo verlangsamt sich. Der Himmel reißt auf, und da wo vorher noch graues, nebliges Wetter herrschte, zeigt sich strahlend blauer Himmel, von Wolken akzentuiert. Und auf der Landstraße folgt dann der Blick über eine üppig grüne Landschaft.

Im Museumshafen

Im Museumshafen

Mein Ziel ist Carolinensiel, einer dieser wunderschönen Sielorte, mit altem Museumshafen und ganz viel maritimem Flair. Eigentlich handelt es sich um zwei kleine Orte, nämlich Carolinensiel im Landesinneren und Harlesiel direkt am niedersächsischen Wattenmeer. Verbunden werden beide Ortsteile durch die Harle, einen kleinen Fluss, von dessen Existenz ich noch nie gehört hatte, bevor ich erstmals in Ostfriesland war. Ganze 23,5 km lang ist die Harle und mein Einstieg in den Ostfrieslandurlaub war ein wunderschöner Spaziergang an beiden Ufern der Harle, von Carolinensiel nach Harlesiel.

Am Nationalparkhaus in Carolinensiel

Am Nationalparkhaus in Carolinensiel

Mein kleine Wanderung startet am Nationalparkhaus, das wunderschön direkt an der Harle liegt und in einer über 200 Jahre alten Pastorei untergebracht ist. Das UNESCO-Welterbe Wattenmeer erstreckt sich über drei Länder – die Niederlande, Deutschland und Dänemark – und hier erfährt man alles über diesen außergewöhnlichen Lebensraum, kann Wattwanderungen buchen oder sich im kleine Shop mit regionalen Produkten eindecken.

 

Der Museumshafen in Carolinensiel lohnt immer den Besuch. Ich kann mich kaum sattsehen an den wunderschönen alten Schiffen.

Das Denkmal des knipsenden Touristen

Das Denkmal des knipsenden Touristen

Am Hafen

Am Hafen

Rund um das kleine Hafenbecken gibt es viele Möglichkeiten, den Blick auf das Hafenbecken und die alten Schiffe bei einem Eis, einem Kaffee oder einem Glas Wein zu genießen.

 

Auch der kleinen Kirche von Carolinensiel habe ich einen Besuch abgestattet. Ich bin zwar nicht religiös, aber der schlichte Backsteinbau hat es mir angetan. Auch der Innenraum der Kirche ist schlicht gehalten, mit Anklängen an das Zeitalter des Barock. Und dann eine echte Besonderheit: der Kirchturm steht neben der Kirche… Auf der Kirchturmspitze dreht sich ein Schwam im Wind – ein lutherisches Symbol. 1776 wurde die Deichkirche eingeweiht, damit die Dorfbewohner für den Gottesdienst nicht mehr in weiter entfernte Gemeinden fahren mussten. Der Kirchturm kam einige Jahre später hinzu. Er wurde bewusst niedrig gehalten, um dem Sturm trotzen zu können.

 

Auch der Friedhof hat Besonders zu bieten: hier kann man alte Schiffergrabsteine aus drei Jahrhunderten sehen – Reliefdarstellungen von Segelschiffen, aus Sandstein gefertigt, die den ganzen Stolz der Schifferfamilien erahnen lassen.

 

Wenige Schritte von der Carolinensieler Kirche entfernt gibt es eine wunderschöne alte Windmühle. Früher gab es im Erdgeschoss der Mühle einmal ein Café – heute ist es leider geschlossen.

Die alte Windmühle in Carolinensiel

Die alte Windmühle in Carolinensiel

Der kleine Museumshafen ist schnell umrundet und schon bin ich am gegenüberliegenden Ufer. Wer mit dem Auto anreist, fährt hier entlang, wenn er sich dem Ort nähert.

Fahrradfreuden

Fahrradfreuden

Blütenpracht, direkt an der Harle

Blütenpracht, direkt an der Harle

Wer gerne direkt am Wasser wohnt, findet hier luxuriöse Ferienwohnungen, mit Terrasse über dem Wasser und oftmals auch einem Bootssteg.

Über diese Brücke musst du gehen...

Über diese Brücke musst du gehen…

Mein Haus, mein Boot

Mein Haus, mein Boot

Einige Schritt weiter, und man gelangt zum Yachthafen. Von dieser Seite der Harle aus ist hier allerdings nicht viel zu sehen – Zugang nur für Mitglieder.

Was ist jetzt die ´schäl Sick´?

Was ist jetzt die ´schäl Sick´?

Hier ist auch der Flugplatz ausgeschildert. Was für eine Kuriosität! Harlesiel ist ein kleiner Ort mit gerade mal 800 Einwohnern, und der Flugplatz hier ist die Verbindung zur Insel Wangerooge. Ich bin ja den Flughafen Frankfurt gewohnt, und der Flugplatz in Harlesiel ist einfach nur putzig klein, mit einer ganz kurzen Start- und Landebahn.

Flugplatz Harlesiel

Flugplatz Harlesiel

Mein Highlight jedoch war der Spaziergang über den Deich direkt am Flugplatz, denn hier ist man in tierischer Begleitung unterwegs: Schafe, so weit das Auge reicht! Der Zugang zum Deich ist mit einem Gatter geschützt, damit die Vierbeiner nicht ausbüchsen können. Ansonsten haben die Schafe die Ruhe weg. Sie lassen sich weder von den kleinen Flugzeugen, die im Minutentakt einfliegen, aus der Ruhe bringen, noch von Spaziergängern oder Radfahrern beim Fressen stören.

Blick auf´s Wattenmeer

Blick auf´s Wattenmeer

Zwei Schafe

Zwei Schafe

Schafe am Deich

Schafe am Deich

Der Blick über das Wattenmeer und all die Vögel, die hier ihre Brutstätten gefunden haben, ist einfach großartig.

Blick zum Fährterminal

Blick zum Fährterminal

Weiter geht es zurück in Richtung Harlesiel, vorbei am DB-Terminal Harlesiel. Die DB verantwortet den Fährschuttle nach Wangerooge. Quasi das geschäftliche Zentrum von Harlesiel…

Das Sielwerk in Harlesiel ist ein imposanter Backsteinbau aus den 1950er Jahren. Hier gelangen Fußgänger wie Fahrzeuge von einem Ufer der Harle zum anderen.

Das Sielwerk in Harlesiel

Das Sielwerk in Harlesiel

Harlesie - Hafen

Harlesie – Hafen

Ich laufe weiter in Richtung ´Wattkieker´. Es ist Zeit für eine Kaffeepause auf der windgeschützten Terrasse. Hier gibt es für jeden Hunger ein Angebot, Kuchen, kleine Snacks oder üppige, warme Gerichte. Wer abends hier essen will, muss die doch reduzierten Öffnungszeiten beachten. Wer erst um 20 Uhr erst kommt, geht hungrig wieder nach Hause. 

Weiter Blick auf´s Wattenmeer

Weiter Blick auf´s Wattenmeer

Weiter geht´s, vorbei am Meerwasserfreibad hinaus zur Mole, mit Blick auf die Fahrrinne der Schiffe, über die Vogelbrutplätze und über den Strand. Hier gibt es Stellplätze für Wohnmobile und einen großen Campingplatz.

Hier werden Strandträume wahr!

Hier werden Strandträume wahr!

Ich laufe weiter in Richtung Yachthafen, dieses Mal auf der Seite, auf der ich meinen Spaziergang gestartet habe. Es gibt viel zu sehen am Weg. Eine alte Rettungsstation, ein wunderschön restauriertes altes Kapitänshaus, und schließlich die ´Küsten-Räucherei Albrecht´. Hier gibt es entweder ein Fischbrötchen auf die Hand oder ein Fischgericht am Tisch. Zu Recht immer gut besucht.

Backsteinpracht

Backsteinpracht

Der Hafen von Harlesiel

Der Hafen von Harlesiel

Ferienwohnungen direkt an der Harle

Ferienwohnungen direkt an der Harle

Schaufenster nach Ostfriesland

Schaufenster nach Ostfriesland

Wegweiser

Wegweiser

Das alte Kapitänshaus

Das alte Kapitänshaus

Die nächste Station ist der Kurpark an den Cliener Quellen. Eine kleine Oase mit Ruhemöglichkeiten und sogar einem kleinen Barfusspfad. 

Zartes Federgras im Kurpark

Zartes Federgras im Kurpark

Hortensienträume

Hortensienträume

Mein Ruhepunkt und quasi Stammcafé in Carolinensiel ist der ´Tüddelpott´. Hier gibt es guten Kaffee oder eine zünftige ´Teetied´ direkt an der Harle. Und dazu natürlich ein Stück Ostfriesentorte. Das habe ich mir nach 20 km Laufstrecke heute redlich verdient. Wer will, kann sich hier ein Tretboot ausleihen oder auch eine Runde Minigolf spielen.

Blau-weißes Refugium: der Tüdelpott

Blau-weißes Refugium: der Tüdelpott

Ostfriesentorte - mit ordentlich Sahne!

Ostfriesentorte – mit ordentlich Sahne!

Mich führt noch ein kleiner Fußweg zu meiner Unterkunft, dem Gulfhof Friedrichsgroden. Für mich der perfekte Standort für alle, die gerne ihre Ruhe haben und nicht mitten im Trubel übernachten wollen. Auch das habe ich in Ostfriesland gelernt: ein Gulfhof ist eine Bauernhausform, die im 16. und 17. Jahrhundert in Norddeutschland aufkam. Charakteristikum ist das mächtige Holzgerüst. Der Vorteil der Bauweise: Man brauchte nur sehr wenige Steine für den Bau. Der Gulfhof Friedrichsgroden stammt aus dem Jahre 1850 und die mächtigen Holzstämme, die das Gerüst bilden, wurden über das Wasser aus Skandinavien transportiert. In Ostfriesland gab es solche mächtigen Stämme gar nicht. Der Gulfhof diente vorrangig der Einlagerung von Heu. Die Tiere waren an einer Seite des langgestreckten Baus untergebracht und die Wohnung der Eigentümer befand sich an der Kopfseite des Baus. Heute gibt es hier drei Ferienwohnungen. Schön und praktisch eingerichtet, ohne überflüssigen Schnickschnack, dafür aber mit einer Bibliothek auf der Etage. Und morgens wird man vom Geblöke der Hof-Schafe geweckt. Kann es einen schöneren Start in den Tag geben?

Ein ostfriesisches Refugium: der Gulfhof Friedrichsgroden

Ein ostfriesisches Refugium: der Gulfhof Friedrichsgroden

Der Gulfhof ist Partnerbetrieb des UNESCO Weltnaturerbe Biosphärenreservat und Nationalpark Wattenmeer. Falls ihr mehr wissen wollt, dann schaut doch einmal hier vorbei. Und wer weiß, vielleicht ist der Besitzer Joke Pouliart ja euer Führer bei einer Wattwanderung…

Die Inspiration zu einem Spaziergang rechts und links der Harle hat mir Andrea Lammert mit ihrem wunderbaren Reiseführer ´52 kleine & große Eskapaden in Ostfriesland´ gegeben. Andrea zieht es immer wieder hinaus in die Natur und sie schafft es, mit tollen Fotos und inspirierenden Texten viel Lust auf immer neue Entdeckungen zu machen.

Eskapaden in Ostfriesland

Eskapaden in Ostfriesland

 

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