Im Designmuseum Danmark in Kopenhagen

Im Designmuseum, KopenhagenIm Designmuseum, Kopenhagen

Was kommt euch in den Sinn, wenn ihr an dänisches Design denkt? Vermutlich habt ihr Begriffe wie Minimalismus, Funktionalität und zeitlose Eleganz im Kopf. Vielleicht fallen euch auch Namen wie Arne Jacobsen, Hans Wegner oder auch Borge Mogensen ein. Dazu natürliche Materialien und eine schlichte Ästhetik mit klaren Linien. Ich habe mich jetzt einmal im Designmuseum Dänemark in Kopenhagen umgesehen. Ein aufregender und inspirierender Besuch!

Ein edles Rokokogebäude ist Heimat des dänischen Designmuseums in Kopenhagen

Ein edles Rokokogebäude ist Heimat des dänischen Designmuseums in Kopenhagen

Im Designmuseum

Das Dänische Designmuseum befindet sich direkt im historischen Zentrum Kopenhagens. Gegründet wurde es 1890. Seit 1926 ist es in einem feinen Rokokogebäude beheimatet, nämlich dem früheren König-Frederiks-Krankenhaus, das Mitte des 18. Jahrhunderts zur Pflege armer Kopenhagener eröffnet wurde. Das Museum wurde nach umfassenden Renovierungsarbeiten Mitte 2022 neu eröffnet und die Erfrischungskur hat sich ganz eindeutig gelohnt. Die Präsentation der Exponate ist frisch und modern; Licht wird geschickt eingesetzt. Design kann unglaublich viel Spaß machen – hier kommen einige Highlights der Ausstellung.

Proud – eine modische Reise durch Dänemark

Gleich die erste Ausstellung begeistert mich restlos, weil sie so bunt und verrückt-kreativ ist: Der dänische Modedesigner Nicholas Nybro (von dem ich noch nie vorher gehört hatte) nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Studienreise quer durch Dänemark, und präsentiert die Mode, zu der ihn die einzelnen Regionen durch ihre Geschichte und Kultur inspiriert haben. Also quasi Folklorekostüme, modern interpretiert.

Kreatives Design - Nicholas Nybro im Dänischen Designmuseum in Kopenhagen

Kreatives Design – Nicholas Nybro im Dänischen Designmuseum in Kopenhagen

Man muss sich Zeit nehmen für diese Ausstellung, denn auch wenn insgesamt nur 21 Kostüme ausgestellt sind, so erzählt doch jedes einzelne eine Geschichte. Nybro hat versucht, auf seiner Reise durch Dänemark zu verstehen, wie die Menschen ticken, wie sie durch ihre Umgebung geprägt werden und was die Besonderheit ihrer Region ausmacht. Ziel der Expedition war es, jeweils ein regionaltypisches Stück Mode zu kreieren.

Neben den Kostümen befindet sich jeweils eine Steele, und in dem dort gezeigten Film erläutert Nybro, Englisch untertitelt, seine Inspiration. In Sonderborg zum Beispiel findet er eine Architektur vor, die ganz untypisch für Dänemark ist – pastellfarbene Häuser, mit einem Übermaß an dekorativen Elementen, die ihn an den deutschen Jugendstil denken lässt. Und ganz nach dem Motto ´Warum nicht noch ein bisschen mehr Deko an die Fassade´ wird daraus das Outfit eines Managertypen mit Chinos, Hemd und Windjacke. Die extra großen Taschen und langen Kragen spiegeln den extravaganten Architekturstil im Süden Dänemarks wider. In Aalborg ist die Architektur ein Mix von Dingen, die nicht zueinander passen. Zugleich ist die Stadt sehr bodenständig und zeigt eine starke Identität als Arbeiterstadt. Ein spannendes Gedankenexperiment, wenn man vor der Kreation steht und versucht, die Gedankengänge des Designers nachzuvollziehen!

Blick in die Proud-Ausstellung - Sonderborg, Norrebro und Aalborg

Blick in die Proud-Ausstellung – Sonderborg, Norrebro und Aalborg

Entstanden ist eine bunte Sammlung an Folklorekostümen aus Amager, Norrebro, Aalborg, Arhus und weiteren mehr. Ich glaube, ich muss mal eine ausgedehnte Reise durch Dänemark unternehmen. Ich kenne Dänemark definitiv viel zu wenig, um all die Entwürfe wirklich wertschätzen zu können. Die Exponate machen mich aber ganz eindeutig neugierig! Beim Kostüm für Hirtshals – einer Küstenstadt im Norden Dänemarks – etwa stand die Fischfangindustrie Pate. Der Ort ist bekannt für seine Fischereiindustrie.

Nicholas Nybro erläutert seine Kreation für Hirtshals

Nicholas Nybro erläutert seine Kreation für Hirtshals

Detailaufnahme - das Hirtshalsdesign im Designmuseum in Kopenhagen

Detailaufnahme – das Hirtshalsdesign im Designmuseum in Kopenhagen

Von Stryno inspiriert ist ein sehr floraler Entwurf, der an einen Bademantel denken lässt. Für Nybro ist die Insel in der dänischen Südsee sehr speziell, da hier unter den nur 260 Bewohnern 17 verschiedene Nationalitäten vertreten sind.

Stryno in der dänischen Südsee - Bademantelmode

Stryno in der dänischen Südsee – Bademantelmode

Fano - in der Proud-Ausstellung im Dänischen Designmuseum

Fano – in der Proud-Ausstellung im Dänischen Designmuseum

Für Nybro ist es die erste Einzelausstellung in einem Museum. Ich bin gespannt, wann wir in Deutschland von ihm hören.

The Future is present

Um das Design der Zukunft und die Herausforderungen, die Klimakrise, Flüchtlingswellen und Pandemien mit sich bringen, geht es im nächsten Ausstellungsbereich. Ressourcen besser nutzen und das, was wir haben, gerechter verteilen.

Dieses Möbelstück aus Pilzgeflecht wächst in drei bis vier Wochen

Dieses Möbelstück aus Pilzgeflecht wächst in drei bis vier Wochen

Akut #5 – Care & Repair

Ein aktueller Trend im Design: wir recyceln nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen, sondern vor allem aus ethischen und Umweltschutzgründen. Welche Techniken kann man nutzen, um Textilien länger verwenden zu können? Ziel ist es, den Ressourcenverbrauch zu verringern. Recyceln, reparieren und Up-Cycling liegen ganz im Trend.

Rohstoffe der Zukunft - in Dänischen Designmuseum Kopenhagen

Rohstoffe der Zukunft – in Dänischen Designmuseum Kopenhagen

Powerful Patterns

Die Macht der Muster – in der Natur, in der Mode und in unseren Häusern. Dieser Ausstellungsbereich ist eine Kooperation zwischen dem Designmuseum und dem dänischen Künstler, Musiker und Designer Henrik Vibskov. Auch der ist mir unbekannt, aber ich lerne viel über Muster, Rhythmen und Strukturen in der Natur wie in der Architektur, Kunst oder auch Musik.

In der Ausstellung ´Powerful Patterns´ im Dänischen Designmuseum

In der Ausstellung ´Powerful Patterns´ im Dänischen Designmuseum

Muster und Materialien

Muster und Materialien

Manche Muster sind so wild, dass ich das Gefühl habe, meine Augen brauchen Ruhe…

Kleine Geschichte der Tischkultur

Tischlein, deck dich! Eine Geschichte der Tischkultur, beginnend in der Renaissance und im Barock, wo der Tisch den Reichtum des Gastgebers zeigen sollte, hält der nächste Ausstellungsbereich bereit. Im Rokoko kommt die Natur auf den Tisch, etwa durch Geschirr, das Früchten nachgebildet ist. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wird die Tischdekoration sparsamer – ein Trend, der im Minimalismus der Moderne seinen Höhepunkt findet. Eine historische Reise in die Welt des Kunsthandwerks, zu unterschiedlichen Materialien und Vorlieben.

Die Tafel ist gedeckt - eine Zeitreise durch die Tischkultur der Epochen

Die Tafel ist gedeckt – eine Zeitreise durch die Tischkultur der Epochen

Minimalismus der Moderne - Designmuseum Kopenhagen

Minimalismus der Moderne – Designmuseum Kopenhagen

Danish Modern

Das dänische Design ist weltberühmt, aber wer waren die großen dänischen Designer des 20. Jahrhunderts und wie begann überhaupt dieses ganze Abenteuer? In diesem Ausstellungsbereich komme ich meiner ursprünglichen Fragestellung sehr nahe. Es geht um nichts weniger als die Geschichte des dänischen Designs zwischen den 1920er und 1970er Jahren.

Design von Ole Wanscher, Mogens Koch und Rigmor Andersen, im Designmuseum Kopenhagen

Design von Ole Wanscher, Mogens Koch und Rigmor Andersen, im Designmuseum Kopenhagen

Was ist das Besondere an einem Sofa von Borge Mogensen, an einer Lampe von Verner Panton oder einem Stuhl von Hans J. Wegner? In nur wenigen Schritten mache ich hier eine Reise zu den dänischen Designikonen. Jeder Designer hat seine eigene kleine Insel, so dass man sich ganz in sein Universum vertiefen kann.

Designuniversum von Hans J. Wegner, im Designmuseum Kopenhagen

Designuniversum von Hans J. Wegner, im Designmuseum Kopenhagen

Der Begriff Danish Modern wurde von amerikanischen Journalisten anlässlich der Jahresausstellung der Zimmermannsinnung 1949 im Museum Dekorativer Künstler geprägt. Die Presse schrieb über die Möbel der Ausstellung und darüber, wie dänische Stühle Schönheit, Komfort und Minimalismus mit hervorragender Handwerkskunst verbinden. Eine Serie von Ausstellungen in den USA und Kanada folgten und machten dänisches Design zum Exportschlager.

Arne Jacobsen, im Designmuseum Kopenhagen

Arne Jacobsen, im Designmuseum Kopenhagen

Ein Highlight in diesem Ausstellungsbereich ist der Stühle-Tunnel. Sagenhafte 125 Stühle sind hier aufgereiht, vom Boden bis zur Decke, Designstücke und Werke ungekannter Künstler. Hier gesellen sich auch internationale Designer zu den Dänen – etwa Charles Eames und Marcel Breuer. Auch wenn es hier so aussieht, als sprächen die Stühle für sich – neben jedem Stuhl kann man eine Tafel ausziehen, auf der Erläuterungen zu den einzelnen Stücken aufgeführt sind. Die Stühle zeigen auf, wie man sich gegenseitig inspirierte und Bezug nahm. Großartig!

Tunnelblick - der grandiose Stühletunnel im Designmuseum Kopenhagen

Tunnelblick – der grandiose Stühletunnel im Designmuseum Kopenhagen

Stuhl-Design, aus der Nähe betrachtet, Designmuseum Kopenhagen

Stuhl-Design, aus der Nähe betrachtet, Designmuseum Kopenhagen

Auf den Stuhl-Tunnel folgt gleich der nächste Knaller: die Popkultur der 1970er Jahre mit ihrem unglaublichen Farbrausch. Die neue Jugendkultur auf ihrem Weg zu Freiheit und Identität. Hier werden neue abstrakte, futuristische Visionen Wirklichkeit. Neue synthetische Materialien wie Acryl und Plastik kommen auf – einer Massenkultur und Massenproduktion steht nichts mehr im Weg.

Knallbunte Popkultur der 1970er Jahre - Designmuseum Kopenhagen

Knallbunte Popkultur der 1970er Jahre – Designmuseum Kopenhagen

Unglaublich bunt - und heute zum Glück im Museum

Unglaublich bunt – und heute zum Glück im Museum

Irma – ein Besuch im Supermarkt

Kennt ihr die Supermarktkette Irma? Ich auch nicht, aber ich bin sofort fasziniert von dieser Stilikone. Ein Mädchen im blauen Kleid, das ist die Werbeträgerin der mittlerweile 137 Jahre alten Kette. Und man muss sagen: das Mädel ist gut gealtert!

Irma - Influencerin der frühen Stunde

Irma – Influencerin der frühen Stunde

Das erste Geschäft öffnete Carl Schepler 1886 in Norrebro. Er verkaufte vor allem Eier und Margarine, und langsam, aber sicher, wurde Irma zu einem alltäglichen Bestandteil des Lebens der Dänen und Däninnen. Qualität zum besten Preis, so lautet das Versprechen der Kette. 1942 gab es rund 85 Geschäfte.

Die Irma-Markenwelt im Designmuseum in Kopenhagen

Die Irma-Markenwelt im Designmuseum in Kopenhagen

1950 entwickelte Irma – inspiriert durch eine Reise in die USA – die Idee eines Geschäfts mit Selbstbedienung. Die ganze Familie sollte hier möglichst alle Produkte des täglichen Lebens finden – inklusive eigenem Kaffee und Spielzeug.

Ein Café mit Format

Was mich komplett umgehaut, das ist der Garten des Museums! Er ist enorm groß und bildet quasi den Innenhof des Museums. Hier gibt es nicht nur satten, grünen Rasen, sondern auch einige Designobjekte, dazu Spielmöglichkeiten für Kinder und Sitzmöglichkeiten für alle.

Eine Oase der Ruhe in der Stadt - der Garten des Designmuseums in Kopenhagen

Eine Oase der Ruhe in der Stadt – der Garten des Designmuseums in Kopenhagen

Format – das ist der Name des Museumscafés. Hier hat man sich einer ehrlichen, einfachen und handwerklich gut gemachten Küche verschrieben.

Das Museumscafé hat hier einen schönen Außenbereich – eine Oase der Ruhe im Dschungel der Großstadt. Es gibt ganz sicher keinen besseren Ort, um nach dem Besuch der Ausstellungen eine kleine Pause einzulegen.

Neugierig geworden?

Falls ihr mehr über das Dänische Designmuseum wissen wollt, dann schaut euch auf der Website um. Sie ist in Dänisch und Englisch verfügbar und bietet ausführliche Informationen zum Museum, zu den vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Ausstellungen und zu Animationen. Auch der Pressebereich ist frei zugänglich. Was mir besonders gefällt: das gesamte Personal wird vorgestellt, mit vollständigem Namen, Funktion, Telefonnummer und Mailadresse. Auch das ist eine Form der Wertschätzung!

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