Malmö-Momente

Die Entdeckungsreise durch Skandinavien geht weiter – in Malmö, in Schweden! Blut geleckt hatte ich im vergangenen Jahr, als die wunderschöne Minikreuzfahrt mit der Vasco da Gama mir einen Landgang in Göteborg bescherte. Auch wenn die Annäherung an den Hafen während der Fahrt durch die Schärengärten von Dunst und Nebel geprägt war, so hatten es mir doch die alten Holzhäuser und die ganz besondere Atmosphäre im Stadtviertel Haga ungemein angetan. Ich nahm mir vor, Schweden weiter zu erkunden. Gesagt, getan. Knapp ein Jahr später bin ich wieder da.

Malmo ist nach Stockholm und Göteborg mit rund 350.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Schwedens. Sie liegt am Südzipfel des Landes in der südschwedischen Provinz Schonen, direkt gegenüber der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Beide Städte sind seit der Eröffnung der Öresundbrücke im Jahr 2000 zu einer großen Metropolregion zusammengewachsen.

Malmö wurde im späten 13. Jahrhundert gegründet und gehörte ursprünglich zu Dänemark. Das einstige Fischerdorf nahm seinen Aufschwung durch den Reichtum des Öresund an Hering. 1353 gab es dafür die Stadtrechte. Erst im Jahr 1658 ging Malmö an Schweden, und damit begann der Niedergang. Malmö war nicht mehr das Pendant zu Kopenhagen auf der anderen Seite des Öresund, sondern eine weit von der Hauptstadt entfernte Provinzstadt am äußersten Ende des Landes.

Der Aufschwung kam – wie so oft – durch die Eisenbahn und die direkte Bahnverbindung nach Stockholm. Später siedelten sich dann Werften in der Stadt an. Das bedeutete zunächst weiteren Aufschwung, mit dem Sterben der Werften in den 1980er Jahren aber auch erneuten Niedergang.

Malmö hat jedoch die Kurve gekriegt und sich zu einer Stadt für Bildung und Hochtechnologie entwickelt. 1998 erst wurde eine Hochschule eröffnet, an der heute rund 25.000 Studierende eingeschrieben sind. Insgesamt ist Malmö eine extrem junge Stadt, in der rund die Hälfte der Bewohner unter 35 Jahren alt sind. Und Malmö ist eine extrem bunte Stadt, in der Menschen aus 170 Ländern ein Zuhause gefunden haben. Die Stadt wächst und gedeiht und setzt dabei wie Kopenhagen auf nachhaltige Entwicklung.

In der Altstadt von Malmö

Vom Bahnhof aus kommend, erreicht man in nur wenigen Schritten den Stortorg, den zentralen Platz der Stadt. Hier grüßt König Karl X Gustav von einer Statue die Besucher – das ist der König, der die Region Schonen im Jahre 1658 von den Dänen eroberte.

An der Ostseite des Platzes kann man die Fassade des Rathauses in Stil der holländischen Renaissance bewundern. Wenige Meter entfernt, lohnt sich ein Blick in die Löwenapotheke. Die gotische Einrichtung wirkt wie aus der Zeit gefallen.

Auch die St. Petri-Kirche lohnt einen Besuch. Sie ist das älteste Gebäude der Stadt und wurde Anfang des 14. Jahrhunderts im Stil der Backsteingotik erbaut. Das Innere der Kirche ist sehr weiß und überrascht auf den ersten Blick. Die Wandmalereien in der Krämarkapelle sind jedoch ganz bezaubernd.

Wenn euch jetzt nach mehr zeitgenössischem Leben ist, dann macht euch auf den Weg zum Lilla Torg! Auf diesem kleinen Platz scheint sich – zumindest im Sommer – das ganze Leben Malmös abzuspielen. Ein Restaurant reiht sich an das nächste und die Terrassen sind gut gefüllt. Unbeschwerte Sommeratmosphäre.

Aufregende Architektur: Turning Torso

Die wahrscheinlich aufsehenerregendste Sehenswürdigkeit Malmös ist der Turning Torso, der schon von Weitem zu sehen ist und das ganze Stadtviertel Västra Hamnen dominiert. Das Hochhaus ist ein Werk des spanischen Architekten Santiago Calatrava – 190 Meter und 54 Stockwerke hoch. Das Besondere: der Turm dreht sich um sich selbst – von der Basis bis zur Spitze um 90 %. Inspiriert wurde der Bau durch die Skulptur Twisting Torso von Calatrava. Der damalige Vorstandvorsitzende der HSB-Bank, die heute Besitzer des Turms ist, war von der Skulptur so begeistert, dass er Calatrava mit dem Entwurf des Turms beauftragte. Ok, wenn ein Mensch sich verdrehen kann, dann kann ein Gebäude das auch! Es ist ein unglaubliches Gefühl, am Fuß des Turms zu stehen und auf diese Schwindel erregende Drehung zu schauen. Ich stelle mir vor, wie der Wind am Gebäude und vor allem an den oberen Stockwerken rütteln muss. Aber: maximal um 30 cm soll sich die Turmspitze im Wind bewegen.

Der Torso besteht aus neun Kuben mit je fünf Etagen und einem Zwischengeschoss, die jeweils aufeinandergesetzt wurden. Jedes Geschoss ist um rund 1,6° zum darunterliegenden Geschoss verdreht. Das hört sich nach nicht viel an, aber der Effekt ist schlicht großartig.

Auch die Baugeschichte ist bemerkenswert: die Planungen begannen im Jahr 2000 und schon am 1. Februar 2001 war Grundsteinlegung. Im Mai 2001 begannen die eigentlichen Bauarbeiten und im November 2005 war das Gebäude bezugsfertig. Auch die Baukosten von 168 Millionen Euro klingen in meinen Ohren eher bescheiden.

 

Die beiden unteren Kuben sind Bürogebäuden vorbehalten, darüber befinden sich 147 Mietwohnungen. Ursprünglich sollten die Wohnungen verkauft werden, aber es fanden sich schlicht keine Interessenten. Stellt euch vor, ihr könntet eine luxuriös ausgestattete Wohnung von 180 Quadratmetern Größe euer Eigen nennen!

Im Westhafen

Auch wenn man in Malmö an vielen Stellen auf Wasser sehen kann, so strahlt doch der Stadtteil Västra Hamnen eine ganz besondere Atmosphäre aus. Auf dem heruntergekommenen Gelände einer ehemaligen Schiffswerft wurde hier ein urbanes Zentrum angelegt, in dem Nachhaltigkeit ganz groß geschrieben wird. Im Jahr 2001 wurde ein Zukunftsszenario für den Stadtteil entworfen, das bis ins Jahr 2031 reicht. Die Stadtplaner haben langen Atem und legen hier Schwedens größtes Passivhaus- und Energieeffizienzwohnungsprojekt an. Dazu kommt ein nachhaltiger öffentlicher Nahverkehr und die Ausweitung von öffentlichen Grünflächen.

Was Einheimische und Besucher heute sehen und ausgiebig genießen können, das ist eine großzügige Strandpromenade mit Aussichtspunkten auf den Öresund und hölzernen Sonnendecks, die zum Verweilen einladen. Dazu kommt ein fantastischer Strand, Cafés und Restaurants und ganz viel Leben am und im Wasser.

Malmö und die Kunst

Malmö kann eine ganze Reihe von Museen und Orten der Kunst aufweisen – einige davon habe ich mir angesehen.

Das Malmö Moderna museet

Im ehemaligen Elektrizitätswerk hat das Moderna museet seine Heimat gefunden. Schon das Gebäude aus dem Jahr 1901 ist sehenswert, und ebenso die große Skulptur vor dem Eingang. In Zusammenarbeit mit dem Modernen Museum in Stockholm werden hier Wechselausstellungen internationaler Künstler organisiert.

Im Sommer nahm mich die Gruppenausstellung Unhealed mit in die Welt nach dem arabischen Frühling. Dieser gab dem Leben zahlreicher Menschen eine neue Richtung und viele arabische Künstlerinnen und Künstler leben heute in Schweden. Die Erläuterungen zu den Kunstwerken und auch der kleine Katalog sind in Schwedisch, Englisch und Arabisch verfügbar. Eine Willkommenskultur voller Wertschätzung.

Malmö Konsthall

Hier trifft die Bezeichnung Kunsthalle absolut zu, denn die Malmö Konsthall besteht aus einem einzigen großen Raum. Moderne Kunst bei freiem Eintritt – in diesem Sommer war eine Skatebahn aufgebaut und Skater waren ausdrücklich eingeladen, ihr Board mitzubringen und auf der Installation auszuprobieren. Aber auch ohne Board: auf Kunst zu laufen – wann darf man das sonst schon?

Fotokunst in der St. Johannes-Kirche

Nur wenige Schritte von der Kunsthalle entfernt, befindet sich die St. Johannes-Kirche, ein Backsteinbau aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Der Bau vereint weiche und runde Formen des Jugendstils mit rund 20 verschiedenen Natursteinsorten. Und auch in diesem dreischiffigen Raum hat die Kunst einen prominenten Platz. Das Thema Inklusion wird in großformatigen Portraits aufgegriffen.

Rund um das Malmöhus

Grüne Stadt am Wasser – Kungsparken und Slottsparken

Wasser ist in Malmö allgegenwärtig, und auch das Grün von großzügigen Parkgeländen. Der Kungsparken, der Königspark, wurde 1872 als erster öffentlicher Park Malmös von König Oscar II eingeweiht.

Er schließt direkt an den Schlosspark rund um das Malmöhus an. Grün und Blau, das sind die dominierenden Farben. Unzählige Fahrradfahrer sind unterwegs, und viele Besucher haben ihre Decken auf den Wiesen ausgepackt und picknicken.

Ein Besuch im Malmöhus

Ein wahres Gesamtkunstwerk ist das Malmöhus. Die wuchtige Festung ist von einem Wassergraben umgeben. Der älteste Teil der Festung geht auf den König Erik von Pommern zurück. Das war der König, der Helsingör durch die Einführung des Öresundzolls zu wirtschaftlichem Aufschwung und Reichtum verholfen hatten. Ab 1444 stand im Malmöhus die Münzpresse des dänischen Reichs. Hier fand ein dänisch-schwedisches Gipfeltreffen statt. Für die heutige Gestalt ist der dänische König Christian III verantwortlich. Jedoch: irgendwann folgte der Verfall und dann zerstörte ein Großbrand den Rest. Um 1930 entschied man sich dann, das Malmöhus als Heimat verschiedener Museen zu nutzen. Bemerkenswert: direkt im Eingangsbereich ist die Museumskasse, wo ich auch meine Eintrittskarte erstanden habe, aber man wird nirgends kontrolliert. Ich mag es, wenn Besuchern so viel Vertrauen entgegengebracht wird!

Mich hat das Kunstmuseum unglaublich begeistert. Die Dauerausstellung zeigt die Entwicklung der Kunst und der Möbelbaukunst vom 16. Jahrhundert bis in die Neuzeit. Enorm groß ist die Fläche, auf der kleine Epocheninseln aufgebaut sind. Die mehr als 7.000 Objekte reflektieren das Kulturerbe und diskutieren die Frage, welche Objekte es wert sind, verwahrt zu werden.

Daneben kann man im Malmöhus eine der größten Sammlungen skandinavischer Kunst des 20. Jahrhunderts bewundern. Von regionaler Malerei der Region Schonen bis zu international bekannten Künstlern reicht die Spannweite. Viele unbekannte Namen für mich, aber umso spannender und lehrreicher die Präsentation. Viel Platz, kombiniert mit einer relativ kleinen Zahl an Besuchern – was will man mehr?

Ebenfalls zum Malmöhus gehört das Naturhistorische Museum. Hier bin ich schneller durchgelaufen. Viele Familien mit kleinen Kindern waren hier unterwegs, und die Präsentation schien mir etwas in die die Jahre gekommen. Außerdem brauchte ich eine Kaffeepause.

Cafe Slottsträdgarden

Direkt hinter dem Malmöhus stößt man auf ein wahres Kleinod. Das Café Slottsträdgarden ist eine wunderbare Oase im Grün des Gartens. Tische und Sitzgruppen sind großzügig über das Gelände verteilt und an manchem Sommerabend kann man nicht nur kleine Speisen zu sich nehmen, sondern auch kleine Konzerte genießen.

Auch im Winter wird hier nicht alles dicht gemacht, sondern die Gäste werden im früheren Gewächshaus bewirtet.

Gärtnern in der Großstadt

Hier werden immer helfende Hände gesucht: direkt an das Café schließt sich das kommunale Gartenprojekt Slottsträdgarden an. Botaniker finden ganz sicher ihr Glück in den verschiedenen Themengärten. So gibt es einen Garten für ökologisch angebautes Gemüse, einen anderen für Blumen. Ein weiterer Garten zeigt, welche Pflanzen eher mit den Herausforderungen des Klimawandels umgeben können als andere. Wie muss ein Garten aussehen, im dem Insekten sich wohlfühlen? Besucher können auch an Workshops teilnehmen, um ihr botanisches Wissen zu vertiefen. Oder man kommt einfach vorbei, um die wunderbare Gartenatmosphäre und die Pracht der Blüten zu genießen.

Quirliger Foodcourt: die Malmö Saluhall

Essen hält Leib und Seele zusammen. Die schwedische fika hat es mir ungemein angetan und Cafés findet man überall in der Stadt. Fall euch nach Deftigerem zumute ist, dann seid ihr in der Malmö Saluhall gut aufgehoben. Der Food-Court liegt nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt und bietet eine enorme Auswahl köstlich aussehender Speisen. Das Stimmengewirr um die Mittagszeit ist enorm. Gar nicht so ungewöhnlich für Skandinavien ist, dass hier bereits um 17 Uhr die Türen geschlossen werden.

Neugierig geworden?

Falls ihr mehr über Malmö wissen wollt, dann gibt es zunächst die Website der Stadt, dann aber auch die ausführlichen Seiten von Visit Sweden mit vielen Anregungen und Tipps.