Genussmomente beim Gin-Tasting

Feuerwehr-GinGenussmomente mit Feuerwehr-Gin

Der Mensch wächst an seinen Herausforderungen, sagt man. Und: es ist wichtig, auch in nicht mehr ganz so jungen Jahren neugierig zu bleiben und jede Chance zu nutzen, etwas Neues zu lernen, seinen Horizont zu erweitern.

Aber was mache ich als jemand, der noch nie Gin getrunken hat, beim Gin-Tasting? Eine Einladung, noch dazu in die schönste Stadt der Welt, war in mein Postfach geflattert. Und klar, meine Neugierde auf überraschende Genussmomente war geweckt. Ich erinnere mich an meine allererste Begegnung mit Rum. Auch den hatte ich noch nie im Leben probiert. Es hat dann einige Reisen nach Martinique gebraucht, aber ich habe mit der Zeit ein Gespür für die verschiedenen Aromen und Qualitäten bekommen. Ganz sicher prägend war die Verkostung mit Chef Hot Pants Guy Ferdinand am Strand von Le Carbet, im Norden Martiniques – seine diabolische Strategie, zunächst den minderwertigen Rum einer Nachbarinsel seine abschreckende Wirkung entfalten zu lassen, um uns dann für die einheimischen AOC-Qualitäten zu begeistern. Und dann die Begegnung mit einem veritablen Rum-Weltmeister, nämlich Daniel Baudin, der uns in seine Geheimnisse als Kellermeister einweihte. 

Strammes Programm beim Gin-Tasting!

Strammes Programm beim Gin-Tasting!

It’s Gin o’clock!

Jetzt also Gin. Stefan Buhren, im richtigen Leben Journalist beim Deutschen Handwerksblatt, erwartet uns in den Agrippina Studios, einem ehemaligen Pfarrsaal mitten im Belgischen Viertel, Kölns berühmt-berüchtigter Partyzone, wo manche Anwohner sich ob der vermeintlichen Dauerbeschallung durch feierwütige Kölnerinnen und Kölner in einer Dauerklageschleife befinden. Zumindest die Location kenne ich schon, denn hier haben wir kurz nach deren Eröffnung eine Etappe unserer Medientournee ausgerichtet. Aber der Gin, das ist komplettes Neuland. 

Freuden der Verkostung

Freuden der Verkostung

Äußerst beeindruckend, um nicht zu sagen Furcht einflößend die Batterie an Gläsern, die auf dem Bartresen aufgebaut ist: Klassische Digestivgläser, unten bauchig und oben schmal zulaufend. So wird das Aroma im Glas gehalten und kann nicht so schnell entweichen. Die fünf Flaschen wirken dagegen fast harmlos. Stefan legt gleich los mit ein wenig Warenkunde. Gin wird aus einem neutralen Alkohol destilliert, meist Getreide, und der charakteristische Geschmack stammt von Wacholderbeeren. Schon Hildegard von Bingen wusste um die wohltuende Wirkung dieser kleinen dunkellila Beere bei Verdauungsbeschwerden aller Art. 

Die Geschichte des Gin beginnt in den Niederlanden, wo Franciscus Sylvius – Latein klingt einfach gelehrter, geboren wurde er jedoch in Hanau bei Frankfurt – als Arzt praktizierte. In Leiden experimentierte er mit Beeren, Kräutern und Alkohol – zack, der Genever war geboren. Der niederländische Name leitet sich aus dem lateinischen Begriff für die Wacholderbeere ab, Juniper. Den Siegeszug trat das Destillat dann in England an. Ursprünglich brachten Soldaten es mit in die Heimat, aber es verbreitete sich rasch auch unter der normalen Bevölkerung. England war bedeutende Kolonialmacht, hatte in den Tropen mit Malaria und der Schlafkrankheit zu kämpfen. Dagegen hilft das bittere Chinin, ein Produkt aus der Chinarinde. Chinin, gemischt mit Zucker und Soda – fertig ist Tonic Water. Jetzt noch ein Schuss Gin rein, und schon hat man einen Longdrink. 

Der Lokalmatador: Gin de Cologne

Der Lokalmatador: Gin de Cologne

Der Lokalmatador: Gin de Cologne

Die Verkostung startet mit einem Lokalmatador (wie könnte es in Köln auch anders sein?), mit dem Gin de Cologne. Zunächst verkosten wir den Gin pur. Stefan gibt uns zwei Zentiliter ins Glas und beschreibt dann die Aromen der Botanicals, neudeutsch für pflanzliche Inhaltsstoffe: Zitrusfrüchte, Lavendel und Hibiskusblüten. Ok, all das habe ich nicht in der Nase… Mit einem Schluck Tonic aufgefüllt, schmeckt der Gin de Cologne richtig gut, ein erfrischendes Sommergetränk. 37,5 % Alkohol muss ein Gin mindestens haben, so verlangt es das Gesetz. Die 42 % Alkohol des Kölner Gins sind damit absolut im Rahmen. Der Gin de Cologne wird in Köln-Ehrenfeld gebrannt und ist ein Werk des Marketingmenschen Abbass Khatami. Sein Ziel war es, einen Gin zu konzipieren, der quasi jedem schmeckt und auch als Souvenir für Touristen geeignet ist, die so den Ruf der Stadt Köln in die weite Welt hinaustragen. Für uns ein perfekter Einstieg ins Thema Gin. 

Stefan Buhren – Gib deinem Leben einen Gin

Stefan ist in der Coronazeit auf das Thema Gin gestoßen. Ich bin ja der festen Überzeugung, dass viele kreative Ideen in dieser Zeit entstanden sind bzw. endlich umgesetzt werden konnten, weil plötzlich die Zeit da war. Johannes Arens stellte sich damals in die Backstube, natürlich auch in Köln, um ein Buch über französische Patisserie zu schreiben. Und auch Stefan saß plötzlich Zuhause, ohne Dienstreisen und ohne Veranstaltungen, über die er schreiben konnte. Er nutzte die Zeit, arbeitete sich tief ins Thema Gin ein. Seine Beschäftigung mit dem Thema Gin hat inzwischen solche Ausmaße angenommen, dass er heute rund 400 Flaschen sein Eigen nennt. Ich lerne, dass es auch Gin-Abos gibt, die man abschließen kann, um monatlich neue Gins geschickt zu bekommen und verköstigen zu können. Aber klar, man kann nicht täglich Gin oder Alkohol überhaupt trinken – das würde auch die stärkste Leber nicht mitmachen. Stefan begann mit kleinen Verkostungsrunden für Kolleginnen und Kollegen, setzte eine Website auf und wurde auch bei Instagram zum Ginfluencer einer stetig wachsenden Fangemeinde. 

Hausberg Gin Nr. 2

Hausberg Gin Nr. 2

Hausberg Nummer 2

Der zweite Gin unserer Verkostung führt uns nach Bremen, gebrannt wird er allerdings in Hagen – eine Frage der Brennlizenzen. Vier Gins gibt es bei Hausberg, und man macht sich keinen Kopf um tolle, verkaufsfördernde Namen, sondern nummeriert einfach durch. Mandarine und Sanddorn sind die geschmacksangebenden Botanicals der Nummer 2. Ich versuche, den Alkohol über die Zunge rollen zu lassen, so wie Stefan es empfiehlt. Sehr froh bin ich, dass einige deftige Köstlichkeiten vor uns stehen, damit wir dem Alkohol eine Grundlage geben können. Hausberg ist ein junges Unternehmen, dem die handwerkliche Seite der Gin- und auch Rumherstellung wichtig ist. Die Produkte sind nie in großen Mengen verfügbar, sondern finden ihre Abnehmer in der Gastronomie oder über die Website. 

Feuerwehr-Gin - Auch Helden müssen mal entspannen

Feuerwehr-Gin – Auch Helden müssen mal entspannen

Die Königin unter den Gins: Feuerwehr-Gin

Die Frau, die hinter dem nächsten Gin in der Verkostung steht, hat das edle Destillat bereits im Namen. Regina ist aus Bremen angereist und erzählt, dass sie sich seit 37 Jahren bei der Feuerwehr engagiert. So hat sie ihre Leidenschaft in eine andere Leidenschaft verwandelt und ein Produkt geschaffen, bei dem sogar die Farben stimmen: Blaubeere für das Blau einer Flamme, roter Pfeffer für das Feuer und dazu zarte Raucharomen. Gebrannt wird der Feuerwehr-Gin wie die Hausberg-Reihe in Hagen, bei der Märkischen Spezialbrennerei. Der Alkoholgehalt steigt langsam an und liegt bei 45 %. Mit Tonic aufgefüllt, ist der Feuerwehr-Gin mein absoluter Favorit. Ein großartiges Geschmackserlebnis.

Regina, die Erfinderin des Feuerwehr-Gin

Regina, die Erfinderin des Feuerwehr-Gin

Pippa the Purple Puppy

Dieser Dry Gin stammt aus Bergheim und wird in Holland gebrannt. Namensgeberin des Gin ist Pippa, ein Labrador, der den Entstehungsprozess des Gins begleitete – so das Storytelling der Produzenten. 11 Botanicals sind hier verarbeitet, darunter Labradorveilchen. Dazu kommen Koriander und Kardamon, aber auch Lavendel und Rhabarber. Eine wilde Mischung, die mich allerdings an meine Grenzen bringt – immerhin sind wir bei der vierten Ginsorte angekommen. Aber die Flasche hat es mir angetan, eine klassische Geneverflasche. 

Pippa the Purple Puppy

Pippa the Purple Puppy

Freedom Rebels Gin

Dieser Dry Gin hat mir die Schuhe ausgezogen: 50 % Alkohol – wow. Während ich mühsam einen Hustenanfall unterdrücke, beschreibt Stefan die ausgeprägten Kräuternuancen und rühmt die Milde des Gins… Die Geschichte hinter dem Gin der Freiheitsrebellen ist jedenfalls sehr charmant: zwei Kumpel, die in einer Berliner Kneipe sitzen und langweiligen Gin trinken, um sich dann zu sagen, dass sie das besser hinbekommen. 

Gin aus Berlin: Freedom Rebels

Gin aus Berlin: Freedom Rebels

Und dieser Gin konnte eigentlich nur in Berlin entstehen, im Jahr 2020 nämlich. Ein Blick auf die Website lohnt sich, denn da wird mit einer gewissen Großmäuligkeit mal eben Steve Jobs zitiert, der ein Hohelied auf die Verrückten, Rebellen, Außenseiter und Unruhestifter singt. Und Berlin natürlich – ständige Veränderung und Neuerfindung. Ist das nicht aus westdeutscher Perspektive die Stadt, in der selten etwas funktioniert? Flughafen, ÖPNV, Regierung…. 

Ein Cocktail mit Feuerwehr-Gin

Köstlicher Abschluss: Ein Cocktail mit Feuerwehr-Gin

Und zum Abschluss ein Cocktail!

Was für ein schöner, lehrreicher und vor allem hochprozentiger Abend! Ich habe viel gelernt und mir bisher unbekanntes Terrain erobert. Ich bin natürlich weit von einer Kennerschaft entfernt, aber wer weiß, vielleicht bestelle ich mir ja bald einmal einen erfrischenden Cocktail mit Gin drin. Gin-Tastings begeistern vor allem ein großstädtische Publikum, das ist Reginas Eindruck. Was klar geworden ist: die Herstellung eines guten Gins ist wertvolle Handwerkskunst. Man zahlt zwar einen höheren Preis für das Produkt, wird aber im Glas mit einer Qualität belohnt, die auch ich als absoluter Laie schmecken konnte. 

Stabile Grundlage: Handwerkerstullen

Stabile Grundlage: Handwerkerstullen

Zum Abschluss des Abends gibt es für jeden der Anwesenden noch seinen persönlichen Lieblingsgin als Cocktail. Die beiden starken letzten Gins finden einige Abnehmer, aber Sieger der Herzen ist der Feuerwehr-Gin von Regina. Eine großartige Entdeckung, die uns sehr beschwingt den Heimweg antreten lässt. 

Offenlegung

Die Einladung zum Gin-Tasting habe ich den lieben Kollegen vom Deutschen Handwerksblatt zu verdanken. In der Reihe der Handwerks-Kochshow wurden die Genussmomente organisiert und von einem kleinen Filmteam festgehalten. Die herzhaften Sachen, die wir verkosten durften, wurden gesponsert. Ich danke sehr für die Einladung und den schönen Abend! Die beschriebenen Eindrücke sind wie immer meine eigenen. 

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert