Eine Welt voller Bücher: das Château de Syam

Das Château de Syam im französischen JuraDas Château de Syam im französischen Jura

Manchmal trifft man so unerwartet auf das Schöne, dass man die Begegnung nie wieder vergessen kann. So ging es mir, als ich das Château de Syam entdecken und seine zauberhaften Besitzer, Claude und Brigitte, kennenlernen durfte.

Annäherung

Annäherung

Von Genf kommend, sind wir im Osten Frankreichs unterwegs, genauer: im französischen Jura mit seinem üppigen Grün. Dann ein Halt im Nirgendwo. Der Himmel strahlt in einem umfassbar tiefen Blau, und die Sonne betont eine leichte und verspielte Architektur, der wir uns langsam und wie auf Zehenspitzen nähern. Wir wähnen uns in Italien, so unerwartet ist die ganze Szenerie. Wir sind angekommen und vor uns liegt die sog. ´Villa Palladienne´.

Seitenansicht

Seitenansicht

Eine Perle der Architektur: die Villa Palladienne

Das Château de Syam ist ein echter Geheimtipp im französischen Jura. Das Schloss trägt den Beinamen ´Villa Palladienne´ und zeichnet sich durch eine ganz besondere Architektur mit einem viereckigen Grundriss sowie einer Säulenhalle mit acht Säulen und drei umlaufenden Galerien aus.

Fast wie in Italien

Fast wie in Italien

Die vier Fassaden des Châteaus sind fast identisch. Sie sind nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet und stellen eine Verbindung zu den Landschaften des Juramassivs her. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Äußere des Gebäudes mehrfach restauriert. Aus dieser Zeit stammen der heutige ockerfarbene Verputz und die grünen Veroneser Fensterläden, die der palladianischen Villa von Syam ihren italienischen Akzent verleihen.

Eckansicht

Eckansicht

Das Château ist auf einem quadratischen Grundriss errichtet, wobei jede Seite genau 24 Meter lang ist und durch ein zentrales Oberlicht erleuchtet wird. Ich weiß nicht, wie lange ich im Erdgeschoss stehe und wie gebannt nach oben schaue, um immer weitere Details zu entdecken. Die Rotunde ist 16 Meter hoch und wird von einer Kuppel sowie einen Oculus, dessen Licht von einer Laterne auf dem Dach stammt, erleuchtet.

Der Blick in die Rotunde mit Oberlicht

Der Blick in die Rotunde mit Oberlicht

In der Rotunde sind noch Malereien aus den 1840er Jahren erhalten. Ein Teil der Dekoration wurde in den Jahren 1912 und 1913, als das Schloss den Besitzer wechselte, verändert, aber der beauftragte Architekt achtete streng darauf, den Geist des Ortes zu respektieren und den neoklassizistischen Charakter des Baus zu bewahren.

 

Auf den drei Etagen finden sich runde Balkone, die mich an eine Theaterkulisse denken lassen. Die Gänge dahinter führen zu den einstigen Wohnräumen. Heute sind hier wunderschöne Gästezimmer zu finden. Im Erdgeschoss nimmt die Rotunde die Form eines Perystils mit acht Säulen an.

 

Viele dekorative Elemente, Parkettböden, Flachreliefs, Trompe-l´oeil-Tapeten und Panoramaansichten aus dem 19. Jahrhundert sind noch im Château de Syam vorhanden, zahlreiche Musikinstrumente im ganzen Château verteilt. Musik spielt hier eine große Rolle und so finden auch regelmäßig Konzerte und kulturelle Veranstaltungen statt.

Zeugen der Historie

Zeugen der Historie

Am Ende des Parkgeländes gibt es auch ein hufeisenförmiges Nebengebäude. Hier kann  gefeiert werden: Die Räumlichkeiten können für private Feierlichkeiten, etwa Hochzeiten oder Geburtstage, angemietet werden.

 

Das Château de Syam und sein Garten wurden im Oktober 1994 unter Denkmalschutz gestellt und es ist tatsächlich ein Ort, der für die Ewigkeit bewahrt werden sollte.

Fotografen bei der Arbeit

Fotografen bei der Arbeit

Aber warum italienisch inspirierte Architektur im französischen Jura? Ganz einfach: die Villa wurde zwischen 1822 und 1830 im Auftrag von Jean-Emmanuel Jobez erbaut, und der war nicht nur reicher Industrieller, liberaler Mäzen und Erbe der Schmiede-Werke von Syam, sondern auch ein großer Liebhaber italienischer Kunst und Kultur. Es gab zwar ein altes Herrenhaus nah bei den Werkstätten der ´Forges de Syam´, aber der Architekt Champonnois erbaute die neue Villa in sicherer Entfernung inmitten eines wunderschönen Parkgeländes. Inspiration waren Champonnois dabei einerseits die neoklassizistischen venezianischen Villen des Renaissance-Architekten Andrea Palladio, andererseits die Arbeiten des Architekten Claude-Nicolas Ledoux, dessen Schaffen man in der nahe gelegenen Königlichen Saline von Arc-et-Senans bewundern kann. Alphonse Jobez erbte 1828 die noch im Bau befindliche Villa von seinem Vater und ließ die Arbeiten bis in die 1840er Jahre fortführen. Das Anwesen wurde innerhalb der Familien weitergegeben, stand dann aber dann einige Jahre leer, bevor die heutigen Besitzer sich schockverliebten.

Schätze vergangener Zeiten

Das Château de Syam ist auch ein Museum und Claude und Brigitte, seit 2001 Besitzer und Hausherren, sind die Hüter von Schätzen aus längst vergangener Zeit. Dabei sind ihre Schätze noch weitgehend unbekannt, denn nur rund 10.000 Besucher finden pro Jahr hierher. Umso besser für uns, denn wir konnten die Besichtigung absolut ungestört genießen.

Die Runde durch das Erdgeschoss beginnt mit den Empfangsräumlichkeiten und man kann tief in das Leben einer Industriellenfamilie eintauchen. Viel Repräsentatives, aber dennoch haben mir die Räumlichkeiten ausgesprochen gut gefallen. Die Einrichtung und Dekoration hat viel Charme.

 

So müssen sich die Weltenentdecker gefühlt haben! Man dringt in unbekannnte Welten vor – Bereiche, in denen es ungemein gelehrig wird. Ich kann nur erahnen, wer hier in den Büchern geblättert und die Skizzen studiert hat. Umfangreiche Bücherschränke und Arbeitstische voller Manuskripte und Zeichnungen warten darauf, in Augenschein genommen zu werden.

 

Wie umgemein spannend diese Räume sind! Ich möchte hier nie wieder weg.

Arbeitsplatte à l´ancienne

Arbeitsplatte à l´ancienne

 

Weiter geht es zu den eher irdischen Genüssen und zu den Vergnügungen langer Abende in dieser sehr naturbelassenen Region Frankreichs.

 

Doch welche guten Geister verbergen sich hinter all diesen Schätzen?

Plötzlich Schlossbesitzer

Claude Darbon und Brigitte Cannard sind die Besitzer des Château de Syam und wunderbare Gastgeber, falls man das Glück hat, von ihnen durch das Schloss geführt zu werden oder in einem der Gästezimmer übernachten zu dürfen. Die beiden stammen aus dem Jura und wollten das Schloss, als sie vom geplanten Verkauf in der Zeitung lasen, endlich einmal besichtigen. Nur besichtigen, so war der Plan, aber es kam ganz anders: Innerhalb von 25 Minuten entschieden sie sich zum Kauf des alten Gemäuers – nach einer Besichtigung im Schein einer Taschenlampe.

Plötzlich Schlossbesitzer: Claude und Brigitte

Plötzlich Schlossbesitzer: Claude und Brigitte

Beide nehmen sich unglaublich viel Zeit, um uns das Château de Syam mit all seinen Schätzen zu zeigen, und sie freuen sich ungemein angesichts unserer Begeisterung. Wir wähnen uns am Ende unserer Tour, als Claude sagt: „Kommt mit, jetzt zeige ich euch noch etwas.“

Diese Bibliothek ist ein Traum, oder?

Diese Bibliothek ist ein Traum, oder?

Ein geheimer Bibliotheksschatz

Im oberen Stockwerk des Château de Syam verbirgt sich hinter einer unscheinbaren Tür eine wunderschöne Bibliothek – für mich der vielleicht schönste Raum im ganzen Haus. Zur Zeit von Emmanuel Jobez verfügte die Bibliothek über sagenhafe 36.000 Bände, und das auf einer Raumlänge von 24 Metern. Der alte Bücherbestand kam abhanden, als das Schloss über Jahre leerstand. Er wurde in den Wirren des Besitzerwechsels gestohlen, aber Claude bekam einen Tipp und konnte einen Teil des Diebesguts in der Normandie ausfindig machen. Eine Räuberpistole aus der Provinz, aber eine mit gutem Ende: Rund 800 Bände konnte er zurückkaufen.

Die Stube eines Gelehrten

Die Stube eines Gelehrten

 

Auf 13.000 Bände ist der Buchbestand im Château de Syam nach Claudes jahrelanger Sammeltätigkeit wieder angewachsen. 17.000 Titel sollen es in 5 Jahren sein – so der Wunsch des Schlossherrn.

Sein Ziel: die gleichen Werke, die gleichen Autoren an den gleichen Orten wie in der ursprünglichen Bibliothek. Ein ehrgeiziges Vorhaben, für das ich Claude alle Daumen drücke!

 

Was für eine absolut unfassbare Bibliothek! Ein Ort, wie aus der Zeit gefallen. Wir lassen die Eindrücke sacken und genießen, auf der Terrasse sitzend, ein Glas Crémant du Jura.

Domaine Jolet - Crémant du Jura

Domaine Jolet – Crémant du Jura

Nachts im Museum

Wolltet ihr schon immer einmal in einem Museum übernachten? Das geht im Château de Syam, denn man kann nicht nur als Besucher im Rahmen einer Führung das Haus anschauen, sondern sich auch gleich eins der wunderschönen Gästezimmer mieten. Mehr Ruhe geht nicht.

Was für ein Gemach!

Was für ein Gemach!

Es lohnt sich allerdings durchaus, das Zimmer am nächsten Morgen wieder zu verlassen, denn im Salon erwartet den Gast ein überaus üppiges Frühstück, das man mit Blick in den Park genießen kann.

 

Falls ihr neugierig geworden seid, so schaut doch einmal auf die Website des Château de Syam! Die Zimmer können über die gängigen Buchungsportale reserviert werden, aber nutzt die Möglichkeit zur Direktbuchung. Der Hotelier dankt es euch.

Auskunft über das französische Jura-Gebirge bekommt ihr auf den Seiten von Bourgogne-Franche-Comté Tourisme, aber auch ein Ausflug auf die Schweizer Seite der Grenze lohnt.

 

Offenlegung: Ich habe das Château de Syam im Rahmen einer Pressereise, die ich begleiten durfte, kennengelernt und danke Claude und Brigitte für ihre unglaubliche Gastfreundschaft. Die beschriebenen Eindrücke sind meine eigenen.

Teile diesen Beitrag:

4 Kommentare

  1. Ein wunderbarer Ort! Du hast absolut recht, Monika. Eine Zeitreise in ein Frankreich, wie man es nicht mehr so häufig findet. Absolut empfehlenswert.

    • Vielleicht kommen wir ja noch einmal in diese Ecke des Jura. Ich würde ja zu gerne wissen, welche Fortschritte die Buchsammlung gemacht hat…

Schreibe einen Kommentar zu Markus Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert