Eine Reise in die neue Welt: das Auswandererhaus in Bremerhaven

Ankunft im gelobten LandAnkunft im gelobten Land

Ist euch das auch schon einmal so ergangen? Ihr hattet große Erwartungen an ein Kunstwerk oder eine Ausstellung, und wenn ihr dann davor steht, denkt ihr euch ´war das jetzt tatsächlich alles?´ Das beste Beispiel ist für mich die Mona Lisa, aus gutem Grund ein ganz großes Werk der Kunstgeschichte, das ebenso viele Rätsel aufgibt wie das Leben ihres Schöpfers Leonardo da Vinci. Im Louvre ist der Weg zur ´Joconde´ für High-Speed-Museumsbesucher gut ausgeschildert, aber wenn man in dem Saal steht, dann sieht man vor allem viele Menschen, die ihre Smartphones in die Höhe recken, um Fotos zu machen, spürt aber nichts von dem Zauber, der von diesem Werk ausgeht.

Das Deutsche Auswandererhaus

Das Deutsche Auswandererhaus

Es gibt aber auch Ausstellungen und Museen, die das genaue Gegenteil sind, Häuser, in denen die hohen Erwartungen noch übertroffen werden, und eine solche Perle ist für mich das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven. Ich hatte schon so viel Gutes über dieses Museum gehört, dass es seit langem ziemlich weit oben auf meiner Bucket List stand. Als sich jetzt die Gelegenheit für eine Reise nach Bremerhaven ergab, war mir sofort klar, dass ich mir die Zeit für einen Besuch nehmen würde. Was soll ich sagen? Das Haus ist einfach großartig! Man taucht unfassbar tief in die Welt der Auswanderer ein und geht selber auf eine große emotionale Reise.

Meine Reise mit Hertha Nathorff

Dass der Besuch im Deutschen Auswandererhaus anders ist als ein normaler Museumsbesuch, wird mir sofort klar, als ich meine Eintrittskarte kaufe, denn ich bekomme ´meine´ Auswanderin zugeordnet.

Meine Reisebegleitung: Hertha Nathorff

Meine Reisebegleitung: Hertha Nathorff

Ich werde Hertha Nathorff auf ihrer ganz persönlichen Reise begleiten. Jede Eintrittskarte ist verbunden mit einem persönlichen Schicksal und ich werde mit Hertha in ihr neues Leben eintauchen. Hertha wurde 1895 geboren und ist im Jahre 1939 über Bremerhaven ausgewandert. Man weiß eigentlich gleich, warum sie ihre Reise angetreten hat…

Warten auf den Einlass in den Wartesaal

Warten auf den Einlass in den Wartesaal

Große Reise!

Große Reise!

Im Wartesaal

Eine Einführung in das, was den Besucher erwartet, gibt es in einem Raum, der einer Wartehalle der dritten Klasse nachempfunden ist. Nackte Wände, alles ein bisschen schäbig – und dennoch baut sich bereits hier eine ungeheure Spannung auf. 7,2 Millionen Menschen haben zwischen 1830 und 1970 über Bremerhaven die Reise in die neue Welt angetreten. Menschen kamen aus allen Regionen Deutschlands und auch aus Osteuropa nach Bremerhaven, um von hier aus die Reise nach Nord- und Südamerika oder auch nach Australien anzutreten. Bremerhaven war damit einer der größten Auswandererhäfen.

 

Die Suche nach dem Glück

Die Reise beginnt im Jahre 1888. Ich komme ans Pier und muss mich zunächst einmal orientieren. Es ist dunkel, und ein Gewirr der unterschiedlichsten Stimmen und Sprachen dringt an mein Ohr. Als Besucher im Auswandererhaus bin ich nicht Betrachter der Situation, sondern stehe mitten in der Menschenmenge. Ich spüre ganz deutlich die Spannung, die hier in der Luft liegt.

 

Und dann sehe ich die Schiffswand, die im Dunkel am Pier aufragt. Dieses Schiff werden die wartenden Menschen besteigen, und Vorfreude wie auch Angst vor dem Ungewissen sind am Pier deutlich zu spüren. Die Inszenierung wird dabei gebrochen, denn hier sind Menschen aus unterschiedlichsten Epochen zu sehen. Migration als universelles Thema.

 

Mit der Eintrittskarte bekommen Besucher eine sogenannte i-Card, die es erlaubt, zahlreiche  Medienstationen während des Ausstellungsrundgangs zu nutzen. Die Bereiche, wo man die Karten auflegen kann, sind gut zu erkennen und hier kann man ergänzende Impressionen und Informationen abrufen. Schon wird klar: das Angebot ist unglaublich spannend und Besucher sollten unbedingt viel Zeit mitbringen!

Die Galerie der 7 Millionen

Welche Gründe gibt es, sich auf große Reise zu begeben, alle Verbindungen mit seiner Vergangenheit zu kappen und sich auf die Suche nach einer neuen Heimat zu machen? Abenteuerlust ist sicher ein Grund, wie sie etwa der preussische Schneider empfand, der sich auf den Weg nach Hawaii gemacht hat, um hier sein Glück zu suchen.

Blick auf 7 Millionen Schicksale

Blick auf 7 Millionen Schicksale

In der Galerie der 7 Millionen kann man den individuellen Schicksalen, die die großen Wanderungsbewegungen ausmachen, nachspüren. Ich mache mich auf die Suche nach Hertha Nathorff und finde sie über die Jahreszahl ihrer Auswanderung.

 

Hertha stammt ursprünglich aus Oberschwaben. Sie eröffnete gemeinsam mit ihrem Mann im Jahr 1923 eine Arztpraxis in Berlin, hatte die Leitung des Säuglings- und Entbindungsheim und der Familienberatugnsstelle inne. Mit der Machtübernahme der Nazis verloren jüdische Ärzte ihre Kassenzulassung, Hertha ihre Lebensgrundlage – ihr wurde gekündigt. Nach Jahren des Ausharrens beantragt sie im August 1938 das Visum für die USA, im Dezember dann, nachdem ihr Mann für mehrere Wochen im KZ Sachsenhausen interniert war, das Transitvisum für England. Anfang 1939 wird dem Antrag stattgegeben und am 27. April tritt Hertha die Fahrt nach Bremerhaven an.

Die Überfahrt

Über eine lange Treppe gehen die Besucher nun an Bord des Schiffes und können dabei noch einen Blick auf die am Pier wartenden Menschen werfen. Jede Reise ist schließlich auch ein Wechsel der Perspektive.

Ein letzter Blick zurück

Ein letzter Blick zurück

Zunächst geht es in den Gepäckraum, wo mich vor allem die verschiedenen Schiffsmodelle beeindruckt haben. Hier wird sehr anschaulich gemacht, welche Fortschritte es im Bereich des Schiffsbaus gab. Was dieser Fortschritt ganz konkret für die Reisenden bedeutet, erlebt man gleich im Anschluss.

Schiffsmodelle

Schiffsmodelle

Das Segelschiff ´Bremen´

Mit dem Segelschiff ´Bremen´ konnte im Jahre 1854 die Überfahrt zwischen sechs und fünfzehn Wochen dauern. Die Reisenden verbrachten die Überfahrt im Zwischendeck, einer provisorisch über den Lagerräumen eingebauten Unterkunft. Bis nach New York dauerte die Überfahrt rund sechs Wochen, aber bis nach Australien waren es  schon fünfzehn Wochen. Nur wenige Reisende konnten sich die komfortablere Kajütenklasse leisten.

 

Auf der ersten Überfahrt der ´Bremen´ reisten 418 Passagiere im Zwischendeck. Krankheiten konnten sich in der hier herrschenden Enge rasend schnell verbreiten, und dazu kamen mangelnde Hygiene und auch verdorbene Lebensmittel. Wenn es stürmte, dann durften die Menschen oft tagelang nicht an Deck. Schiffsunglücke mit vielen Toten waren keine Seltenheit.

Unter Deck

Unter Deck

Der Schnelldampfer ´Lahn´

Im Jahr 1887 gelangten die Auswanderer mit dem Schnelldampter ´Lahn´ in acht bis zehn Tagen nach New York – was für ein Fortschritt!

 

Dampfschiffe gab es seit den 1840er Jahren, aber die Überfahrt war für die meisten Auswanderer viel zu teuer. Das ändert sich um 1860, und die Dampfschiffe hatten zudem den großen Vorteil, dass sie unabhängig von Wind und Wetter fahren konnten. Die Überfahrt wurde schneller und sicherer; Fahrpläne konnten eingehalten werden.

Enge auf der Überfahrt

Enge auf der Überfahrt

Der ´Norddeutsche Lloyd´ wurde 1857 in Bremen gegründet und setze von Beginn an auf Dampfschiffe. Der Schnelldampfer ´Lahn´ ist ein Schiff aus dem Jahr 1887, mit dem man versuchte, gegen die wachsende Konkurrenz zu bestehen. Für die Auswanderer verbesserten sich Hygiene und Verpflegung, die Unterkunft auf Massendecks hingegen blieb unverändert.

Der Liner ´Columbus´

In nur fünf Tagen nach New York: mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Überfahrt immer schneller und auch sicherer. Statt Eisen wurde der leichtere Stahl im Schiffsbau verwendet. Die Schiffe wurden deutlich größer und dank leistungsstärkerer Dampfmaschinen und Doppelschrauben erhöhte sich die Sicherheit, während die Reisezeit sich verkürzte.

 

Auch der Komfort in der 3. Klasse, dem frühreren Zwischendeck, verbesserte sich und Mehrbettkabinen wurden die Regel. Es gab Speisesäle mit einem reichen Angebot, dazu ein Unterhaltungsprogramm.

Im Speisesaal

Im Speisesaal

Die ´Columbus´ zählt nicht zu den größten und schnellsten Ozeanriesen, aber sie ist aufgrund ihrer Ausstattung nach ihrem Umbau im Jahr 1929 international konkurrenzfähig.

Und Hertha?

Auf welchem Schiff trat Hertha Nathoff ihre Reise an? Ich nutze meine i-Card, um diese Information abzufragen.

Alle Mann an Bord?

Alle Mann an Bord?

Sie ging am 28. April 1939 an Bord der ´Bremen IV´, Zielhafen New York. Das Wetter war dabei genauso unfreundlich wie die politische Situation in Deutschland. Welches Leben würde sie in der neuen Welt erwarten?

Hertha geht an Bord

Hertha geht an Bord

Ankunft in der neuen Welt: Ellis Island

Die Ankunft in der neuen Welt – im Deutschen Auswandererhaus wird sie perfekt symbolisiert durch die Weltkugel. Aber handelt es sich hier tatsächlich auch um den Wartesaal in das große Glück?

Die neue Welt fest im Blick

Die neue Welt fest im Blick

Ein langer Gang symbolisiert die ganze Unsicherheit des Weges. Hört ihr den Herzschlag? Gegen Ende des 19. Jahrhunderts schränkten die USA die Einwanderung ein und schauten sich genau an, wer da an ihre Tür klopfte.

Gang ins neue Leben

Gang in eine ungewisse Zukunft

Ellis Island wurde auch die ´Insel der Tränen´ genannt und war die größte Einwanderungsstation der USA. 1907, im Jahr mit der höchsten Einwanderungszahl, passierten rund 1,25 Millionen Menschen diese Station. Mehr als 12 Millionen Menschen waren es insgesamt in den Jahren zwischen 1892 und 1954.

 

Passagiere der 1. und 2. Klasse konnten nach einer flüchtigen Inspektion der Papiere von Bord gehen – die Behörden gingen davon aus, dass sie in der Lage waren, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen.

Ein Glockenschlag für jeden Einwanderer

Ein Glockenschlag für jeden Einwanderer

Passagiere der 3. Klasse hingegen wurden mit Fähren nach Ellis Island gebracht und dort in Gruppen von 30 Personen einer genauen Überprüfung unterzogen. Könnt ihr euch vorstellen, in diesen Käfigen stundenlang warten zu müssen? Im Registry Room wurden sie einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Kranke wurden hier gleich aussortiert; die Einreise wurde ihnen verweigert.

Blick auf das gelobte Land

Blick auf das gelobte Land

Die nächste Station war das Legal Desk, wo Inspektoren Befragungen durchführten. Bis zu 29 Fragen zur Person konnten gestellt werden. Antworten wurden schnell erwartet, in nur wenigen Sekunden. Jedes Zögern, jedes Suchen nach Worten macht dabei verdächtig. Es bleiben nur wenige Minuten je Check.

Sind alle Papiere in Ordnung und der Gesundheitszustand unauffällig, dann dauert der Inspektionsprozess auf Ellis Island zwischen drei und fünf Stunden. 10 % der Auswanderer wird zunächst, 2 % insgesamt die Einreise verweigert. Wahnsinnig niedrige Zahlen, oder?

Ein Himmel voller Licht

Ein Himmel voller Licht

Familienforschung

Das Deutsche Auswandererhaus wurde im Jahr 2005 eröffnet und beleuchtet 300 Jahre Auswanderergeschichte. Im nächsten Ausstellungsbereich geht es um das Thema Familienforschung. Man kann nicht nur Einsicht in die alten Passagierlisten nehmen – auch viele ausländische Besucher kommen hierher, um etwas über ihre Familiengeschichte zu erfahren.  Jede fünfte amerikanische Familie hat ja deutsche Vorfahren, und es gab in der jüngsten Vergangenheit auch einen amerikanischen Präsidenten mit Wurzeln in der Pfalz… Schwamm der Geschichte drüber!

Was mitnehmen auf die große Reise?

Was mitnehmen auf die große Reise?

Ich schaue mir an, was aus Hertha Nathorff geworden ist. Sie hatte die Einreisekontrollen ohne Beanstandungen passiert, lebte dann in einer winzigen Übergangswohnung. 1946 eröffnete ihr Mann eine Arztpraxis in New York. Aber ihre Einwanderung war dennoch nicht glücklich. Noch 1992, mit 92 Jahren und ein Jahr vor ihrem Tod, sagte sie, sie fühle sich nicht als Amerikanerin, sondern als Laupheimerin und als Deutsche. Und sie fragt sich, ob es nicht besser gewesen wäre, in Deutschland zu bleiben und vergast zu werden. Man ahnt bei diesen bitteren Worten, dass es nicht immer leicht ist, in der neuen Heimat Fuß zu fassen und sich ein neues Leben aufzubauen – vor allem, wenn die Auswanderung nicht freiwillig erfolgte.

Ein ganzes Leben in einigen Koffern

Ein ganzes Leben in einigen Koffern

Grand Central Station

Ein Bahnhof ist der perfekte Ort, um sich die Frage zu stellen, wie wir zusammenleben wollen. Bahnhöfe sich Orte des Ankommens und des Losfahrens, auch Orte, an denen man strandet. Orte eines ständigen Kommens und Gehens.

Grand Central Station

Grand Central Station

Die Grand Central Station ist für die Einwanderer das Tor zum amerikanischen Kontinent. Noch heute ist es einer der zehn größten Bahnhöf der Welt. Von hier aus traten die Neubürger die Weiterfahrt an.

In Warteposition

In Warteposition

Die amerikanische Flagge, die hier zu sehen ist, ist eine echte Rarität: sie stammt aus dem Jahr 1908 und zeigt nur 46 Sterne. Die übrigen vier Bundestaaten wurden erst später Teil der Vereinigten Staaten. Friedrich Hillens brachte sie 1908 aus seiner neuen Heimat Kalifornien mit in seine alte Heimat Drakenburg an der Weser.

Moderne Reisende

Moderne Reisende

Was mir besonders auf- und gefällt: auch der deutschen Exilautoren wird hier gedacht.

Autoren im Exil

Autoren im Exil

Stadtgeographie

In meine Studienzeit fühle ich mich in dem Ausstellungsbereich zurückversetzt, der sich mit der Geographie von Städten beschäftigt. Die Auswanderer kommen in den großen Häfen der Welt an und fahren weiter über die Bahnhöfe dieser Städte. Besiedlung entwickelt sich entlang der großen Verkehrslinien, und dieses Phänomen ist in allen Städten, auf allen Kontinenten zu beobachten.

Kartenlesen

Kartenlesen

Verheißungen der neuen Welt

Welche Verheißungen und Herausforderungen bietet das Leben in der neuen Welt? Drei Themenbereiche werden direkt hinter der Bahnhofshalle angesprochen.

An der Bar

Die Bar – ein perfekter Ort, um über den Sinn des Lebens nachzudenken. Ein Ort der Geselligkeit, aber auch unendlicher Einsamkeit.

Auf ein Glas?

Auf ein Glas?

 

Im Sweatshop

Der Begriff des Sweatshop war mir vor allem im Zusammenhang mit der Produktion von Billigtextilien in Ländern der Dritten Welt bekannt. Das Phänomen gab es aber schon um 1900 und so ist dieser Ausstellungsraum einer kleinen New Yorker Textilwerkstatt nachempfunden. Wie kann man in einer Einwanderungsgesellschaft zusammenleben? Gute Arbeitsstellen waren oftmals den Einheimischen vorbehalten, während die Einwanderer häufig in schlecht bezahlten, körperlich anstrengenden und oftmals auch gefährlichen Jobs ihren Lebensunterhalt verdienen mussten.

Sweatshop 1900

Sweatshop 1900

Die Modebranche in New York wächst im 19. und 20. Jahrhundert und bietet viele solcher schlecht bezahlten Stellen. Oftmals sind es Jüdinnen aus Osteuropa, die hier arbeiten und sich in Jiddisch unterhalten. Schwierige Arbeitsbedingungen, die oft genug zu migrantischen Streiks führten, aber auch zur künstlerischen Auseinandersetzung mit der Situation.

Handwerkskunst

Handwerkskunst

Delicatessen

Essen aus der Heimat bedeutet immer auch Erinnerungen an das frühere Leben. Gewohntes in neuer Umgebung, das ist der Grund, warum das Konzept der Delis – Delicatessen-Geschäfte – in migrantischen Viertels so gut funktioniert.

Delicatessen!

Delicatessen!

Der Ausstellungsraum ist der Nachbau eines Geschäfts aus den 1960er Jahren. Das Ehepaar Inge und Hinrich Carstensen war von Föhr in die USA ausgewandert. Hier bekommt man neben amerikanischen Produkten auch aus Deutschland importierte Spezialitäten und guten, deutschen Kartoffelsalat aus eigener Herstellung.

 

Daneben kann man die Geschichten von Einwanderern entdecken, die sich mit eigenen Geschäftsideen selbständig gemacht und evtl. auch in die alte Heimat zurückgekehrt sind.

Die Präsentation des Deutschen Auswandererhauses geht der Frage nach, welche Objekte die Einwanderer wohl aus ihren Heimatländern mitgebracht haben. Hier gibt es auch Spuren von Frankreich…

Mon Abécédaire

Mon Abécédaire

Und heute?

Seit 2012 widmet sich das Deutsche Auswandererhaus auch dem Thema der Einwanderung nach Deutschland. In einem Anbau ist ein neuer Ausstellungsbereich rund um die aktuellen Diskussionen und Streitfragen entstanden. Hier erlebt man Debatten aus dem Deutschen Bundestag, hört und sieht Angela Merkel und Martin Schulz, und erlebt die rhetorische Aufrüstung, die uns Gauland gebracht hat.

Debattenkultur im Neubau

Debattenkultur im Neubau

Die Tatsachen lassen sich nicht leugnen: 20 Millionen Deutsche haben heute einen Migrationshintergrund. Und es gab und gibt viel zu diskutieren, ob den Lastenausgleich in Zusammenhang mit den Ostflüchtlingen oder die Frage der doppelten Staatsangehörigkeit. Das Auswandererhaus ist hier ganz nah am Puls der Zeit.

 

Ich muss sagen, dass mich in diesem zweiten Teil des Museums etwas die Energie verlassen hat. Die Fülle an Informationen, Eindrücken, Geräuschen war bereits im ersten Teil so groß, dass ich dort sehr viel Zeit verbracht habe, während ich eher schnelleren Schrittes durch die Gegenwart gegangen bin. Aber die Bezüge zur Gegenwart drängen sich auch im alten Teil des Museums überall auf, und zumindest in meiner Familie gibt es so viel Migration, dass mir die Fragestellungen alle sehr vertraut sind.

Protestkultur

Protestkultur

Es gibt übrigens einen ganz berühmten Einwanderer, der quasi für den Soundtrack meiner Jugend verantwortlich war: Elvis Presley betrat am 1. Oktober 1958 um genau 9 Uhr 22 als amerikanischer Soldat in Bremerhaven erstmals deutschen Boden, an der Columbuskaje. Noch heute wird in Bremerhaven mit einem Elvis-Fest des King of Rock´n´Roll gedacht. Stellt euch mal vor, Elvis wäre geblieben!

Kleine Stärkung?

Wer mich kennt, der weiß, dass für mich zu einem Museumsbesuch auch immer eine kleine Pause im Café gehört. Auch im Auswandererhaus habe ich mein Glück gefunden: im ´Speisesaal´ lässt sich die Welt über den Gaumen entdecken, mit Köstlichkeiten aus der Alten und der Neuen Welt. Bei schönem Wetter kann man dabei von der Terrasse aus den Blick auf den neuen Hafen genießen.

 

Ihr wollt mehr wissen?

Falls ihr mehr über das phantastische Storytelling im Deutschen Auswandererhaus wissen wollt, dann schaut euch hier um! Der Eintritt kostet für Erwachsene 18,50 €, aber für diesen Preis wird euch auf 3.340 Quadratmetern Ausstellungsfläche auch unfassbar viel geboten. Für die Fotoerlaubnis werden zusätzlich 1,50 € fällig – diesen Betrag habe ich gerne gezahlt.

Es gibt noch unfassbar viel mehr in Bremerhaven zu entdecken. Falls ihr mehr wissen wollt, dann schaut euch einmal hier um.

Gedenken in der Stadt

Gedenken in der Stadt

Wo wohnen?

Wenn ihr das Deutsche Auswandererhaus besuchen und zugleich in historischer Umgebung übernachten möchtet, dann bietet sich das Hotel ´The Liberty´ perfekt an. Das Haus wurde 2018 am neuen Hafen eröffnet, dort, wo die Auswanderer Bremerhaven verließen, um ihr Glück in der neuen Welt zu suchen. Das Thema der Reise wird im Haus perfekt umgesetzt und weder die Zimmer noch das Restaurant lassen irgendwelche Wünsche offen.

 

Was mir besonders auffiel: am Liberty scheint das Problem des Personalmangels, unter dem Hotellerie und Gastronomie in Nach-Corona-Zeiten leiden, spurlos vorbeigegangen zu sein. Das Personal ist ausgesprochen freundlich und geht offen und sympathisch auf die Gäste zu, ist dabei bestens geschult. Großartig!

Falls euch die Ähnlichkeit zwischen dem Hotel und dem Auswandererhaus auffallen: hier war der gleiche Architekt am Werk, nämlich Andreas Heller aus Hamburg.

Auch die Fassaden erzählen Geschichten

Auch die Fassaden erzählen Geschichten

Offenlegung

Im Rahmen der Jahreshauptversammlung der VDRJ, der Vereinigung deutscher Reisejournalisten, durfte ich Bremerhaven entdecken. Ich bin Mitglied des PR-Kreises des Verbandes. Da das Auswandererhaus mich enorm interessierte, habe ich es mir zunächst individuell angesehen, durfte dann aber die Eindrücke im Rahmen einer Führung, die Teil des VDRJ-Programms war, noch verstärken. Ich danke den Mitarbeitern des Museums für die großartigen, informativen Einblicke! Falls ihr mehr über die Seestadt Bremerhaven erfahren möchtet, dann geht es hier lang. Ich danke der Pressesprecherin Dörte Behrmann dafür, dass sie mich nach Bremerhaven gelockt hat. Ich komme garantiert wieder! Die beschriebenen Eindrücke sind wie immer meine eigenen.

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10 Kommentare

  1. Heidi Diehl

    Liebe Monika, ich habe Deinen Text mit großer Freude gelesen. Er ist informativ, macht Lust, sich das Haus anzusehen, und ich fand meine Gefühle wieder, als ich – aus Zeitgründen zwar nur kurz – durch das Haus streifen durfte. Demnächst aber werde ich mir alle Zeit der Welt nehmen, um eine Frau oder einen Mann auf der Ausreise in eine Fremde Welt zu begleiten. Darauf freue ich mich schon.

    • Danke für deinen wunderbaren Kommentar, liebe Heidi! Ich glaube auch, dass ich die Ausstellung mit einem anderen Charakter, den ich begleite, noch einmal ganz anders erleben würde. Ich komme auch wieder, mit viel Zeit! Es gibt ja noch einiges zu entdecken in Bremerhaven.

  2. Danke für diesen ausführlichen Erlebnisbericht über das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven. Ich bin seit einigen Jahren nicht mehr dort gewesen, aber meine Erinnerungen sind ebenfalls äußerst positiv. Wir planen demnächst wieder einen Besuch, nachdem nun der Erweiterungsbau eröffnet worden ist. Dann wird es auch einen Blogbeitrag von mir darüber geben.

    • Danke, Damian, für deinen Kommentar! Ich bin jetzt schon auf deinen Blogbeitrag gespannt, zumal ich dem Erweiterungsbau nicht die Zeit gewidmet habe, die er verdient hätte. Aber das ist für mich auch der Idealfall: ein Museum, das Lust macht, wiederzukommen!

  3. Frauke Jachens-Johannßen

    Vielen Dank für den schönen Bericht , als Bremerhavenerin freue ich mich immer über die positive Resonanz . Dieses Museum fesselt seine Besucher vom ersten Augenblick und ich bin immer wieder erstaunt wie mutig diese Menschen waren . Eine Reise ins Ungewisse für die meisten und am Pier der Tränen hatte ich eine Gänsehaut . Ich glaube ich wäre nicht mitgefahren …

  4. Wunderbar beschrieben, ich hab mich total wiedergefunden – war nämlich auch auf den Spuren von Hertha im Auswandererhaus 😉 Da ich aber noch meine drei Kids im Auge behalten und animieren musste, ist mir offenbar vieles „durch die Lappen gegangen“. Deinen Beitrag werde ich in meinem Bremerhaven-Beitrag gern verlinken! Wobei ich ja zugeben muss, dass wir vom Auswandererhaus nicht ganz so begeistert waren wie vom benachbarten Klimahaus. Was vielleicht auch einfach daran lag, dass man in 2 Tagen einfach keine Kopfkapazitäten für gleich zwei so ausführliche Museumsbesuche hat…

    Viele Grüße aus Dresden
    Jenny

    • Danke für deinen Kommentar, Jenny! Ich war sogar zweimal im Auswandererhaus: einmal mit einer Gruppe und dann alleine und mit viel Zeit. Man muss sich auf das Abenteuer einlassen und der ganze Reichtum des Museums steckt im Detail. Mir hat tatsächlich das Auswandererhaus besser gefallen, weil es insgesamt ruhiger ist. Und durch die verschiedenen Persönlichkeiten enthüllt wahrscheinlich auch jeder Besuch andere Aspekte.

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